Jeff Sessions ist Steine auf seinem Weg gewohnt. Man könnte fast sagen, er kennt es nicht anders, ständig muss er Hindernisse beseitigen. Jetzt hat er mit der Aussage vor den Geheimdienstausschuss des US-Senats wieder einen großen Brocken vor sich. Offenbar will sich der Justizminister erleichtern, er wolle dem "amerikanischen Volk seine Sicht der Dinge" erklären, wie aus dem Weißen Haus kolportiert wurde. Der Zeitpunkt am heutigen Dienstag (20.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit) dürfte nicht zufällig gewählt sein. Erst am Freitag hatte der Ex-FBI-Chef James Comey vor demselben Gremium angedeutet, dass Jeff Sessions noch immer nicht mit der ganzen Wahrheit über seine Russland-Treffen rausgerückt ist.
Hat Sessions noch ein Treffen verheimlicht?
Nach Stand der Dinge steht Sessions mittendrin in Trumps "Russland-Connection", deren Details auch nach vielen Ermittlungsmonaten weiter rätselhaft sind. Mindestens vier von Trumps (ehemaligen) Mitarbeitern haben Verbindungen mit Vertretern Moskaus oder deren Umfeld gehabt, zwei von ihnen mussten deshalb gehen: Paul Manafort (Ex-Wahlkampfleiter) und Michael Flynn (ehemaliger nationaler Sicherheitsberater). Auch Jeff Sessions stand in Kontakt mit dem russischen Botschafter, verneinte die Verbindung aber bei seiner Anhörung. Der künftige Justizminister hatte unter Eid gelogen. James Comey wiederum, der von Donald Trump gefeuerte oberste US-Polizist, soll bei seiner Anhörung hinter verschlossenen Türen gesagt haben, dass Sessions mindestens noch ein weiteres Treffen verheimlicht haben soll.
Weil der Justizminister vor seiner Ernennung eben jene Kontakte zu dem russischen Botschafter Sergej Kisljak verschwiegen hatte, zog er sich als formaler Oberaufseher der FBI-Ermittlung wegen Befangenheit zurück. Eine mehr oder weniger direkte Folge war die Einsetzung des Sonderermittlers Robert Mueller, von dem es mittlerweile heißt, Trump wolle ihn feuern. Auch bei der umstrittenen Entlassung Comeys soll Sessions als dessen Vorgesetzter eine aktive Rolle gespielt haben, heißt es. Offiziell hatte er dessen Demission dem US-Präsidenten empfohlen, die Frage ist allerdings, auf wessen Betreiben - ob aus eigenem Antrieb oder auf Wunsch von Donald Trump. Über die Gründe von Comeys Aus als FBI-Chef gibt es unterschiedliche Darstellungen. Laut Entlassungsschreiben musste er wegen Fehlern in der E-Mail-Affäre von Hillary Clinton gehen. Trump allerdings hat die Russland-Ermittlung als wahren Grund angedeutet.
Jeff Sessions - schon immer umstritten
Jeff Sessions' genaue Rolle in der für das Weiße Haus äußerst lästigen Angelegenheit ist also reichlich undurchsichtig. Aber der 70-Jährige hat durchaus Erfahrung mit Widerstand, der ihm entgegengebracht wird. Vor 30 Jahren, zum Beispiel, sollte er zum Bundesrichter im Südstaaten-Bezirk Alabama befördert werden. Der damalige US-Präsident Ronald Reagan hatte ihn vorgeschlagen. Doch das zuständige Komitee hielt ihn für einen Rassisten und Ku-Klux-Klan-Anhänger und lehnte seine Berufung ab. Sessions war als Senator auch der erste hochrangige Republikaner, der Trump im Wahlkampf öffentlich unterstützt hat - zu einem Zeitpunkt, als der noch eher als Witzfigur galt.
Mittlerweile aber scheint sich das gute Verhältnis der beiden zueinander abgekühlt zu haben. Seit einigen Tagen ist sogar die Rede davon, dass Sessions rücktrittswillig sei. Angeblich hängt der Haussegen schief, obwohl die Gründe dafür eher im Dunklen liegen. Gerüchten zufolge nimmt der Präsident Sessions übel, dass der als Justizminister nicht in der Lage gewesen war, den sogenannten "Muslim-Bann" in ein gerichtsfestes Gesetz zu gießen. Sessions selbst soll es auf die Nerven gehen, dass der US-Präsident ihn mit Äußerungen und Tweets in einem schlechten Licht dastehen lasse. Wie groß der Frust ist, sich könnte heute bei seiner öffentlichen Anhörung zeigen.