Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi gibt im Streit mit der Schweiz um die Ehre seines Sohnes keinen Millimeter nach. Der libysche UN-Botschafter Ibrahim Aldredi rechtfertigte in Genf das Vorgehen seines Landes und beschuldigte die Schweiz, sich Verhandlungen zu verweigern. Er nannte mehrere Bedingungen. Unter anderem müssten die Verantwortlichen für die Festnahme von Hannibal Gaddafi verurteilt werden. Die Schweiz wies die Vorwürfe "in aller Form" zurück.
Die Beziehungen sind seit der vorübergehenden Festnahme des Gaddafi-Nachwuchses 2008 in Genf zerrüttet: Sie befinden sich in einer Art diplomatischem Kriegszustand. Dem Sohn war die Misshandlung von Angestellten vorgeworfen worden. Der Schweizer Geschäftsmann Max Göldi sitzt nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen sozusagen als Geisel in einem Gefängnis in Tripolis.
Was das Schicksal des Schweizers angehe, sei alles möglich, sagte der Botschafter. Er hatte zuvor vor Journalisten eine Erklärung zum Stand der Affäre verlesen.
Göldis Schicksal sei von den Gerichten abhängig, denn die libysche Justiz sei unabhängig. "Die Gerichte entscheiden, nicht wir", sagte Aldredi. Er schloss nicht aus, dass Staatschef Gaddafi den Schweizer begnadigen könnte.
Der Botschafter forderte, es müsse ein Schiedskommission her und die Verantwortlichen für die Festnahme von Hannibal Gaddafi gehörten verurteilt. Zudem müsse untersucht werden, wie Polizeifotos nach der Festnahme des Sohnes in der Zeitung "Tribune de Genève" veröffentlicht werden konnten. Auch müsse die Schweiz Visa- Beschränkungen für - nach libyschen Angaben - mehr als 180 Landsleute - darunter auch für den Staatschef - aufheben.
Das Außenministerium in Bern hob in einer Erklärung hervor, die Schweiz habe "ihre bisherigen Vereinbarungen mit Libyen stets eingehalten". Man sei "nach wie vor verhandlungsbereit und bestrebt, mit diplomatischen Mitteln und gemeinsam mit Libyen eine konstruktive Lösung zu finden". Die Schweiz werde in der Affäre Gaddafi "insbesondere von der spanischen EU-Ratspräsidentschaft und Deutschland unterstützt".
Im Verlauf des Streits hatte Libyen angekündigt, seine Handelsbeziehungen zur Schweiz abbrechen zu wollen. Auch sollen keine Medikamente mehr aus der Schweiz bezogen werden. Gaddafi hatte außerdem erklärt, der Heilige Krieg ("Dschihad") gegen die Schweiz sei eine Pflicht für Muslime, weil die Eidgenossen "die Häuser Gottes zerstören". Damit bezog sich der libysche Revolutionsführer auf das im vergangenen Jahr per Volksabstimmung beschlossene Verbot für den Bau von Minaretten.