In Brasilien, mitten im Regenwald, berät die Welt über Lösungen gegen die Klimakrise. Wie läuft es und woran hakt es? Über den stern-Blog bleiben Sie auf dem Laufenden.
Der diesjährige Klimagipfel könnte symbolischer kaum sein: Vom 10. bis 21. November trommelt der Gastgeber Brasilien Delegierte aus knapp 200 Staaten mitten im Amazonas zusammen. Der tropische Regenwald gilt als eines der verletzlichsten Ökosysteme und damit als Spiegel von allem, was bei der globalen Klimapolitik gerade schiefläuft.
Seit dem Abkommen von Paris hat keine Klimakonferenz mehr Durchbrüche gebracht. Das 1,5-Grad-Ziel von damals gilt als gerissen und unerreichbar. Unterdessen steigen die Emissionen weiter und befeuern Umweltkatastrophen, wie Dürren, Hitzewellen, Starkregen und Überschwemmungen.
Politisch scheint ein Kipppunkt erreicht: Immer mehr Länder schrauben ihre klimapolitischen Ambitionen zurück oder wenden der internationalen Klimadiplomatie den Rücken. Prominentestes Beispiel: die USA. Kaum eine Region der Welt spiegelt diese Misere so deutlich wie der Amazonas Regenwald, der seinem Kipppunkt immer näher rückt.
Ausgerechnet hier, in der Großstadt Belém, sollen Lösungsansätze gegen die Klimakrise wachsen.
Verfolgen Sie Debatten und Ergebnisse des UN-Klimagipfels in Brasilien im stern-Blog:
Wichtige Updates
Christine Leitner
Auf der Klimakonferenz in Belém regnet es Geld – im übertragenen Sinne! Die deutsche Staatsbank KfW schließt zehn neue Finanzierungsvereinbarungen in Höhe von knapp 960 Millionen Euro ab. Das Geld soll in den Waldschutz fließen, aber auch in Unternehmen und Projekte, die den fossilen Ausstieg vorantreiben, heißt es. Knapp 90 Prozent des Volumens sind allerdings Kredite, die zurückgezahlt werden müssen.
Die Geldfrage ist ein leidiges Thema, das schon im vergangenen Jahr für Unruhe zwischen den Delegierten sorgte. Warum, lesen Sie hier:
Der Indigenen-Anführer Raoni Metuktire war in den 1980er-Jahren durch eine Kampagne mit dem britischen Musiker Sting gegen die Abholzung des Amazonas bekannt geworden. Beim diesjährigen UN-Klimagipfel kritisiert er unter anderem die Pläne der brasilianischen Regierung zum Bau der 1000 Kilometer langen Ferraograo-Eisenbahnlinie zum Getreidetransport, die auch durch den Amazonas führen soll, sowie die Abholzung im brasilianischen Regenwald. "Wenn diese schlimmen Taten weitergehen, werden wir Probleme kriegen", sagt er.
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Christine Leitner
Präsident Lula unterstützt auch Offshore-Ölbohrungen an der Amazonasmündung. Der staatliche Konzern Pertrobras rechnet eigenen Angaben zufolge damit, bald die Förderlizenz dafür zu bekommen. Lula hatte angekündigt, den Ölriesen zum "größten Erdöl-Unternehme der Welt" auszubauen. Brasilien ist derzeit der weltweit achtgrößte Erdölförderer.
Unter Lulas Vorgänger Jair Bolsonaro hatte den Raubbau im Amazonas massiv zugenommen. Unter Lula wurde die Zerstörung des für das Weltklima besonders wichtigen Regenwaldes im Amazonas deutlich zurückgefahren. Er schuf zudem ein Ministerium für den Schutz indigener Völker. Seit Beginn seiner dritten Amtszeit hat Lula 16 Indigenen-Schutzgebiete staatlich anerkannt und damit den Schutz dieser Gebiete vor Abholzung und Brandrodung verbessert.
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Christine Leitner
„Ich unterstützte Präsident Lula, aber er muss uns zuhören (...). Er muss uns respektieren.“
Indigenen-Anführer Raoni Metuktire
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Christine Leitner
Indigener Anführer droht Lula da Silva mit "Standpauke"
Nach drei Jahren, in denen die UN-Klimakonferenz in autoritären Staaten stattgefunden hat, trauen sich Vertreter der Zivilgesellschaft wieder stärker einzubringen. Der brasilianische Indigenen-Anführer Raoni Metuktire will mit Brasiliens Präsidenten Luiz Inacio Lula ein ernstes Gespräch über umstrittene Energie- und Infrastruktur-Projekte im Amazonasgebiet führen. "Ich werde mich mit ihm verabreden und ihm, wenn nötig, eine Standpauke halten, sodass er mir zuhört", sagt Raoni am Rande der COP30.
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Christine Leitner
Die Eindrücke von vor Ort können Sie hier sehen:
Indigene bei der Eröffnungszeremonie des People's Summit.Fernando Llano / AP / DPA
Beim People's Summit geht es etwas bunter zu als bei den Veranstaltungen in der Blue Zone des Klimagipfel-Geländes, wo die Delegationen über Lösungen in der Klimakrise diskutieren.Allison Sales / DPA
Politische Bildung mal anders: Diese Mütter der er Xikrin-Volksgruppe aus dem Gebiet Catete in Brasilien haben ihre Kinder zu dem Gipfeltreffen in Belém mitgebracht.Allison Sales / DPA
Bei der Parade des People's Summit fuhr eine große Capybara-Figur durch die Guajara Bucht in Belém. Das Wasserschwein ist in Lateinamerika zu Hause und symbolisiert Harmonie und friedliches Zusammenleben verschiedener Gruppen. Passender könnte es kaum sein.Tânia Rêgo / Agencia Brazil / DPA
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Christine Leitner
Parallel zum Klimagipfel in Belém findet dort auch der sogenannte "Gipfel des Volkes" (People's Summit) statt. Mehr als 1200 Organisationen und Bewegungen haben sich nach Angaben des Veranstalters in diesem Jahr dafür in Brasilien eingefunden. Dutzende mit Flaggen und Slogans ausgestattete Boote fuhren gestern als Parade an der Küste Beléms entlang – besetzt mit zahlreichen Aktivisten, darunter auch vielen Indigenen. In der Bucht gibt es Veranstaltungen und Informationen rund um die Themen Klima und Umwelt, aber auch viel Musik, Tanz und Kunst – darunter eine Mini-Trump-Statue namens "Die Orangene Plage".
„Die Klimakonferenz muss diese Wahrheit hören: Ohne lebendige Wälder und Menschen gibt es keine Rettung fürs Klima.“
Aktivistin Alessandra Korap Munduruku beim People's Summit
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Christine Leitner
Je nachdem, wie schnell sich die Welt aus ihrem fossilen Rausch lösen kann, könnten die Folgen der globalen Erwärmung noch abgeschwächt werden. Die aktuellsten Prognosen der Deutschen Meteorologischen und Physikalischen Gesellschaft (DMG und DPG) sind aber nicht sonderlich optimistisch ... Hier sehen sie auch die einzelnen Temperaturentwicklungspfade (SSP), die der internationale Klimarat (IPCC) erstellt hat.
Die globalen Temperaturen sind in fast 200 Jahren so stark angestiegen, wie nie zuvor in den vergangenen 100.000 Jahren. Klimaforscher führen das vor allem auf die steigenden Emissionen durch fossile Energiequellen zurück.
Studie: CO2-Ausstoß durch fossile Brennstoffe erreicht Rekordwert
Die CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe werden Wissenschaftlern zufolge in diesem Jahr einen neuen Rekordwert erreichen. Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Global Carbon Project werden in diesem Jahr voraussichtlich 38,1 Milliarden Tonnen Kohlendioxid durch die Nutzung von Kohle, Öl und Gas ausgestoßen – ein Anstieg um 1,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit werde es nahezu "unmöglich", die Erderwärmung auf weniger als 1,5 Grad zu begrenzen.
Der Anstieg von 1,1 Prozent ist den Wissenschaftlern zufolge alarmierend. In den vergangenen zehn Jahren habe der jährliche Anstieg im Schnitt 0,8 Prozent betragen, heißt es in der Studie. Die Kohlenstoffemissionen sind demnach zehn Prozent höher als 2015, dem Jahr des Pariser Klimaabkommens.
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Kai Müller
Ex-US-Vize Gore: Atmosphäre wird als "Kloake" missbraucht
Der frühere US-Vizepräsident Al Gore bezeichnet es als "buchstäblich wahnsinnig", dass die Menschheit die nur wenige Kilometer dünne Atmosphäre immer noch als "Kloake" für klimaschädliche Treibhausgase missbrauche.
Tag für Tag würden 175 Millionen Tonnen davon in die Luft gepustet, sagt der Politiker auf der UN-Klimakonferenz in Brasilien. Die Folge sei, dass der Planet sich immer weiter aufheize – das vergangene Jahr sei das heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen gewesen.
Der frühere US-Vizepräsident Al Gore.Fernando Frazão / Agencia Brazil / DPA
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Christine Leitner
Deutschland will COP31 nicht ausrichten
Gestern hatten wir an dieser Stelle berichtet, dass sich Australien und die Türkei nicht einigen können, wer im kommenden Jahr Gastgeber der COP31 wird. Das stresst Deutschland. Gibt es keine Einigung, wird der Klimagipfel in Bonn, dem Hauptquartier der UN-Klimadepartments, abgehalten. Und das will das Land auf keinen Fall. "Wir müssen es tun, aber wir wollen nicht", sagt Deutschlands Staatssekretär im Umweltministerium, Jochen Flasbarth, dem "Politico" und begründet dies mit der Bürokratie. Innerhalb von zwölf Monaten eine UN-Klimakonferenz zu organisieren, damit wäre Deutschland überfordert. "Deshalb senden wir alle Signale aus, dass Australien und die Türkei sich bitte einigen sollen, damit diese technische Lösung nicht zum Tragen kommt“, sagt Flasbarth.
Man habe sich bereits an Großbritannien gewandt, um zwischen Australien und der Türkei zu vermitteln, heißt es.
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Christine Leitner
Diese Frauengruppe protestiert in Belém für Gleichberechtigung und den Schutz des Planeten. Der Klimagipfel steht, im Gegensatz zu den Veranstaltungen der vergangenen Jahre, im Zeichen der Zivilgesellschaft und indigener Völker. Trotzdem kritisieren Demonstranten und Aktivisten, dass ihnen zu wenig Gehör geschenkt werde. Eine Aktivistin der Vereinigung Rede Sustentabilidade Bahia sagt, dass die Protestteilnehmer mit ihren Aktionen auf die Situation der indigenen Völker aufmerksam machen wollten. "Diese Stimmen werden ignoriert", kritisiert sie.
Oswaldo Forte / Imago
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Christine Leitner
Kaliforniens Umweltminister: "Klimakrise als Schlüssel zu unserer wirtschaftlichen Zukunft"
Meine Kollegin Clara Pfeffer berichtet direkt vor Ort von den Ereignissen bei der COP30. Dort konnte sie auch mit dem kalifornischen Umweltminister Wade Crowfoot sprechen. Im exklusiven Gespräch betonte er, Kalifornien habe seit Ronald Reagans Gouverneurszeit "auf Klimaschutz gesetzt." Er und Newsom seien beim Klimagipfel, um zu zeigen: "Das ist machbar. (...) Wir brauchen saubere und sichere Energie." Dass Klimaschutz kein Kostenrisiko bleiben muss, sondern Versorgungssicherheit bringt, habe Kalifornien selbst erlebt:
„Es war nicht immer günstig, aber durch gezielte Förderung – etwa von Solar – wurden neue Technologien erschwinglich. Wind und Sonne gehen uns nie aus, und wir machen uns unabhängig von globalen politischen Krisen.“
Wade Crowfoot, kalifornischer Umweltminister
Die Klimakrise sieht Crowfoot als Bedrohung und gleichzeitig als Chance. Konkret spricht er vom "Schlüssel zu unserer wirtschaftlichen Zukunft". Kalifornien werde "weiterhin offen sprechen – und hoffen, dass weltweit mehr Regierungschefs mitziehen.“ Trotz der blockierten Klimapolitik im Weißen Haus zeigt sich Kaliforniens Umweltminister optimistisch. "Es wird unseren Fortschritt nicht stoppen. Die Revolution der Erneuerbaren findet längst statt. Sie liefert günstige Energie – darauf müssen wir weiter setzen.“
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Christine Leitner
Meine Kollegin Clara Pfeffer schildert ihre Eindrücke von den Tumulten auf dem COP30-Gelände im Video: