Auch Nato-Soldaten angegriffen Dutzende Verletzte bei schweren Ausschreitungen im Nord-Kosovo

Kosovo: Ein Auto brennt in einer Straße
Schon seit Freitag demonstrieren Serben im Kosovo teils gewaltsam gegen ethnische Albaner in Bürgermeisterämtern
© AFP
Bei schweren Ausschreitungen im Nord-Kosovo sind dutzende Menschen verletzt worden, darunter auch Nato-Truppen der Friedensmission im Kosovo (KFOR). Die Demonstranten fordern den Abzug kosovarischer Sicherheitskräfte aus der Region.

Bei Ausschreitungen im Kosovo sind dutzende Menschen, darunter auch Soldaten der Nato-geführten Friedensmission im Kosovo (KFOR), verletzt worden. Nach Angaben aus Rom und Budapest erlitten mehr als 30 italienische und ungarische KFOR-Soldaten teils schwere Verletzungen, als sie sich am Montag serbischen Demonstranten entgegenstellten, die die Stadtverwaltung in Zvecan im Norden des Kosovo stürmen wollten. Neben der Nato verurteilten auch Rom und Berlin die Ausschreitungen und forderten alle Seiten zur Zurückhaltung auf.

Kosovo: KFOR-Soldaten erleiden teils schwere Verletzungen

"Mehrere Soldaten des italienischen und ungarischen KFOR-Kontingents wurden grundlos angegriffen und erlitten durch die Explosion von Brandbomben Verletzungen mit Knochenbrüchen und Verbrennungen", teilte die KFOR am Montagabend mit. Sie verurteilte die Angriffe auf ihre Truppen als "völlig inakzeptabel". KFOR-Kommandeur Angelo Michele Ristuccia erklärte, seine Truppe werde "ihr Mandat weiterhin unparteiisch erfüllen".

Das ungarische Verteidigungsministerium teilte mit, mehr als 20 ungarische KFOR-Soldaten seien verletzt worden, sieben von ihnen schwer. Nach Angaben des italienischen Außenministers Antonio Tajani wurden insgesamt elf italienische KFOR-Soldaten verletzt, drei von ihnen schwer. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni erklärte, weitere Angriffe gegen die KFOR würden "nicht toleriert". Das Auswärtige Amt in Berlin forderte einen "sofortigen Stopp" der Gewalt. 

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic erklärte, 52 Serben seien verletzt worden, drei von ihnen schwer. Ein 50-Jähriger sei "durch zwei Schüsse von (ethnischen) albanischen Spezialkräften verletzt" worden, teilte er im Online-Netzwerk Facebook mit. 

Serbische Demonstranten versuchen in Zvecan Stadtverwaltung zu stürmen

Die serbischen Demonstranten hatten versucht, in Zvecan in das Gebäude der Stadtverwaltung einzudringen. Die kosovarische Polizei setzte daraufhin Tränengas ein. KFOR-Soldaten schalteten sich ein und positionierten sich mit Schutzschilden und Stöcken zwischen der Polizei und den Demonstranten. Wie ein AFP-Reporter beobachtete, wurden die Soldaten daraufhin von mehren Demonstranten mit Steinen, Flaschen und Brandsätzen angegriffen.

Die Demonstranten fordern den Abzug der kosovarischen Sicherheitskräfte aus der Region. Auch verlangen sie die Absetzung von der ethnisch-albanischen Bevölkerungsgruppe angehörenden Bürgermeistern in der mehrheitlich von ethnischen Serben bewohnten Region. 

Im April hatten die kosovarischen Behörden in vier mehrheitlich von Serben bewohnten Orten Kommunalwahlen abgehalten. Die Serben boykottierten die Wahlen jedoch weitgehend, so dass die albanische Minderheit trotz einer Wahlbeteiligung von insgesamt weniger als 3,5 Prozent die Kontrolle über die Gemeinderäte übernahm. 

Der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti setzte in der vergangenen Woche die Bürgermeister ein und widersetzte sich damit Forderungen der EU und der USA. 

Proteste gegen ethnische Albaner in Bürgermeisterämter schon seit Freitag

Bereits am vergangenen Freitag hatte es vehemente Proteste gegen die Übernahme von Bürgermeisterämtern durch ethnische Albaner und Konfrontationen mit den Sicherheitskräften gegeben. Auch dabei setzte die Polizei Tränengas ein. Serbiens Präsident Aleksandar Vucic versetzte daraufhin die Armee in "höchste Alarmbereitschaft" und entsandte Soldaten an die Grenze zum Kosovo.

Das 1,8-Millionen-Einwohner-Land Kosovo mit seiner mehrheitlich ethnisch-albanischen Bevölkerung hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, wird aber von Belgrad bis heute als serbische Provinz betrachtet. Rund 120.000 Serben leben im Kosovo.

AFP
pgo