Unmittelbar vor neuen Gesprächen zwischen Serbien und dem Kosovo unter Vermittlung der EU ist es an der Grenze beider Länder erneut zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. Nach Zusammenstößen mit serbischen Demonstranten wurden der NATO-Truppe KFOR zufolge am Dienstag vier Soldaten durch einen selbstgebauten Sprengsatz verletzt. Laut Rettungskräften erlitten sechs serbische Demonstranten Schusswunden.
Die Zusammenstöße ereigneten sich an dem unruhigen Grenzübergang Jarinje im Norden des Kosovo. Die Region ist seit Monaten Schauplatz von Feindseligkeiten zwischen Kosovaren und der dort lebenden serbischen Minderheit.
Nahe dem Grenzübergang lösten NATO-Soldaten am Morgen eine von serbischen Demonstranten errichtete Straßenblockade auf. Daraufhin umzingelten rund 1500 Serben mehrere Truppentransporter der KFOR und warfen Steine. Ein deutscher Soldat sei dabei getroffen worden, sagte KFOR-Sprecher Kai Gudenoge der Nachrichtenagentur AFP.
Die KFOR-Truppen setzten Tränengas und Gummigeschosse ein, um die Menge von rund 1500 aufgebrachten Serben unter Kontrolle zu bringen, wie ein AFP-Reporter berichtete. Der serbischen Nachrichtenagentur Beta zufolge wurden sechs Serben mit Schusswunden in ein Krankenhaus gebracht.
Wenige Stunden später wurden vier KFOR-Soldaten bei der Explosion des Sprengsatzes verletzt. Einer von ihnen habe schwere Verletzungen erlitten, sagte Gudenoge. Zur Nationalität der Verletzten machte die KFOR keine Angaben. Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam konnte auf Anfrage zu möglicherweise betroffenen deutschen Soldaten zunächst nichts sagen.
Hintergrund der Vorfälle ist ein Handelsstreit zwischen Serbien und der einstigen serbischen Provinz Kosovo, die sich im Februar 2008 für unabhängig erklärt hatte. Im Juli dieses Jahres hatte das Kosovo als Reaktion auf ein Einfuhrverbot von serbischer Seite ein Importverbot gegen serbische Waren verhängt. Daraufhin entbrannte ein Streit mit der serbischen Minderheit im Nordkosovo über die Kontrolle der Grenze. Erst Anfang September einigten sich beide Länder auf einen Freihandel.
KFOR in der Kritik
Die neuen Zusammenstöße ereigneten sich kurz vor einem neuen Treffen der serbischen und kosovarischen Unterhändler in Brüssel, das die Spannungen zwischen beiden Ländern entschärfen sollte. Serbiens Präsident Boris Tadic rief alle Seiten zu Zurückhaltung auf. Die Spannungen könnten nur durch "Frieden und Dialog" gelöst werden. Serbiens Chefunterhändler Borko Stefanovic kritisierte indirekt die KFOR. "Einige Kräfte" hätten auf unbewaffnete Demonstranten geschossen, sagte er laut Beta. Auch der in der serbischen Regierung für das Kosovo zuständige Minister Goran Bogdanovic sagte vor der Presse, die Angriffe von Soldaten auf unbewaffnete Menschen seien "absolut inakzeptabel".