Es geschah am frühen Sonntagabend gegen 19.40 Uhr auf der Überlandstraße von Mazar-i-Sharif nach Kabul: Ein Bundeswehr-Konvoi war auf dem Weg vom "Camp Marmal" in die afghanische Hauptstadt und passierte die Kleinstadt Aybak, 80 Kilometer südlich von Mazar-i-Sharif. Viele Menschen waren noch auf der Straße, wie immer im Fastenmonat Ramadan, wenn das Leben nach Sonnenuntergang wieder erwacht. Drei Jugendliche waren mit ihrem Eselskarren auf der Straße unterwegs, hatten Holz gesammelt, um es in der Stadt zu verkaufen, als mit recht hoher Geschwindigkeit der deutsche Konvoi näherkam.
Der "Wolf" konnte nicht mehr ausweichen
Ein "Wolf", einer der zumeist leicht gepanzerten deutschen Geländewagen, versuchte noch auszuweichen, aber er konnte nicht: Auf der Gegenfahrbahn kamen ihm zwei Toyota Corollas entgegen, zur anderen Seite ein Graben. Das mehr als zwei Tonnen schwere Fahrzeug erfasste die drei Afghanen, tötete Miraj Uldin, 17, und verletzte einen der anderen beiden schwer, einen leicht. Der Schwerverletzte wurde ins Krankenhaus von "Camp Marmal" nach Mazar-i-Sharif gebracht.
Die Bundeswehr bestätigte den Unfall und hat sich bei der Familie des Opfers entschuldigt. "Es war ein tragischer Unfall, aber nicht mehr", sagte der Polizeichef der Provinz Samangan, General Sharafudin Sharaf stern.de. Doch Mohammed Ibrahim, der Vater des getöteten Jungen, der ihn nun begraben hat, sieht das anders: "Warum sind wir immer die Opfer der Ausländer? Ich habe einen Sohn verloren", sagte er unter Tränen - "ich will wissen, wofür? Warum?!" Wie er denken immer mehr Afghanen, denn "es mag nur ein Unfall gewesen sein, wie es sie früher auch schon gegeben hat", gibt der Kabuler Journalist Borhan Younus zu bedenken.
"Aber seit die Amerikaner im Juli und August dreimal hintereinander Dutzende Zivilisten bei Bombardements umgebracht haben, kippt die Stimmung überall im Land. Die Menschen reagieren jetzt viel empfindlicher und wütender auf jeden Vorfall, bei dem ausländische Truppen afghanische Zivilisten töten - egal, wer schuld hat."
Ghulam Sakhi, der stellvertretende Gouverneur der Provinz Samangan, in der der Unfall passierte, fuhr am Montagmorgen mit deutschen Offizieren zum Haus von Mohammed Ibrahim, sich förmlich zu entschuldigen und Geld für die Trauerfeier am dritten Tag nach dem Tod zu übergeben. "Sie haben zugegeben, den Unfall verursacht zu haben, sagen, dass es ihnen leid tue", sagte Sakhi zu stern.de: "Außerdem haben sie versprochen, noch mehr Hilfe zu leisten. Es ist gut, dass unsere internationalen Partner wenigstens unsere Lage verstehen."
Mitarbeit: Yacub Ibrahimi