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Menschen, die Mut machen "Wir dürfen uns nicht verstecken"

In der Adventszeit stellen wir jeden Tag einen Menschen vor, den sein Engagement für andere oder der Umgang mit dem eigenen Schicksal auszeichnet. Heute: Zackie Achmat. Der Südafrikaner kämpft für die Anerkennung der HIV-Positiven in seinem Land.
Von Eva Wolfangel

Die jungen Männer sitzen dicht gedrängt in dem kleinen Raum eines heruntergekommenen Hauses im Slum Khayelitsha, nahe Kapstadt. In ihrer Mitte Zackie Achmat, 46. Er trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift "HIV positive". Die Männer planen Großes: Eine Demonstration gegen Gewalt und für die Rechte von Homosexuellen. "An diesem Marsch sollte niemand unter 16 Jahren teilnehmen - die Lage ist alles andere als einfach", sagt Achmat besorgt.

Aids in Südafrika

Die Zahl der HIV-Infektionen ist eines der größten Probleme des Landes am Kap der guten Hoffnung. Experten schätzen, dass 18,6 Prozent der südafrikanischen Bevölkerung mit dem HI-Virus infiziert sind. Gründe dafür sind unter anderem die mangelnde Aids-Aufklärung, die frühe sexuelle Aktivität der Südafrikaner sowie die Armut großer Bevölkerungsschichten. Die stellvertretende Gesundheitsministerin Nozizwe Madlala-Routledge hatte sich durch ihre radikal neue Aids-Politik großes Ansehen im Ausland und in Südafrika selbst erworben, wurde aber im August 2007 entlassen.

Bei der Planung der Demonstration haben die jungen Aktivisten der Treatment Action Campaign (TAC) diesmal einen gefährliche Gegner. Eine ihrer Kameradinnen ist vor zwei Jahren von Nachbarn umgebracht worden, nachdem bekannt wurde, dass sie HIV-positiv ist. Die Täter wurden nur auf Drängen der TAC verurteilt. Jetzt wollen deren Freunde zurückschlagen. "Wir bringen euch um", haben sie gedroht.

Öffentliches Bekenntnis mit T-Shirts

Doch das öffentliche Bekenntnis ist eine der wichtigsten Aktionsformen der TAC. Tausende von "HIV-positive"-Shirts sind in Kapstadt im Umlauf. "Brot für die Welt" war einer der ersten Partner der TAC. "Die Zusammenarbeit geht weit über das Finanzielle hinaus", sagt er. Auch inhaltlich seien die beiden Organisationen tief verbunden.

Menschen, die Mut machen

Überall auf der Welt gibt es Menschen, die anderen helfen und in scheinbar ausweglosen Situationen Mut machen. Menschen, die oft selbst nichts besitzen, wegen ihres sozialen oder politischen Engagements bedroht werden und doch nicht aufgeben. Das Hilfswerk der evangelischen Kirche Deutschlands, "Brot für die Welt", unterstützt diese Menschen. Mit Spenden und mit praktischer Hilfe zur Selbsthilfe. So entstanden unzählige Projekte auf allen Kontinenten. In diesem Jahr feiert die Organisation den 50. Jahrestag ihrer Gründung. stern.de stellt in einer Kooperation mit "Brot für die Welt" 26 Menschen vor, die von der Hilfe aus Deutschland profitiert haben - und nun selber zu Helfern geworden sind: zu Menschen, die Mut machen.

Achmat gehört zu den alten Hasen der Bewegung. Viele Menschen schauen heute zu ihm auf und bewundern den Mut, den er aufbrachte, als er 2003 für seine Überzeugung sein Leben aufs Spiel setzte. Zackies Aidserkrankung war damals bereits weit fortgeschritten. Zwar hatte er das Geld für die notwendigen Medikamente, doch wollte er sie nicht, solange sie nicht für alle verfügbar sind. Selbst nicht auf Drängen seiner TAC-Mitstreiter und des Ex-Präsidenten Nelson Mandela hin. Im August 2003 gab die südafrikanische Regierung dem Druck nach. Präsident Thabo Mbeki versprach, Aids-Medikamente kostenlos zur Verfügung zu stellen. Achmat begann nun die Tabletten zu schlucken. "Zwei Wochen später ging es mir besser."

Kampf an vielen Fronten

Achmat kämpft an vielen Fronten. Als Sohn einer indisch-malaysischen Arbeiterfamilie im südafrikanischen Apartheidssystem, wurde ihm die Ungerechtigkeit der Welt quasi in die Wiege gelegt - farbig, Arbeiterkind und schwul. 1976 solidarisierte er sich mit den Kämpfern des Sowetoaufstandes gegen die Apartheid. Seine restliche Jugend verbrachte er meist im Gefängnis. Danach kämpfte er fast zehn Jahre lang im Untergrund gegen Apartheid und gründete schließlich die United Democratic Front als legalen Arm der verbotenen Schwarzen- und Farbigenpartei ANC. Auch nach dem Ende der Apartheid 1990 vertrat Achmat seine Inhalte auf der Straße. So setzte er durch, dass Homosexuelle nicht länger diskriminiert werden dürfen.

Am 10. Dezember 2008 feiert die TAC ihr zehnjähriges Bestehen. "Trotz unserer Erfolge sterben nach wie vor jeden Tag 800 Menschen in Südafrika an Aids." Aids ist heute zwar kein Tabu mehr, aber die Aktivisten leben noch immer gefährlich. Achmat wird trotzdem zur Demonstration gehen und sein HIV-positiv-Shirt tragen - jetzt erst recht.

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