Menschen, die Mut machen Bibelstunde für den Währungsfonds

  • von Eva Wolfangel
In der Adventszeit stellen wir jeden Tag einen Menschen vor, den sein Engagement für andere oder der Umgang mit dem eigenen Schicksal auszeichnet. Heute: Zephania Kameeta. Das ehrgeizige Projekt des Bischofs aus Namibia: Ein Dorf, in dem alle 900 Einwohner monatlich eine bestimmte Summe für ihren Lebensunterhalt ausgezahlt bekommen - ohne Gegenleistung.

Bei Bischof Zephania Kameeta aus Namibia kommt immer alles auf einmal. Heute steht an: Eine Bischofskonferenz leiten, Konfirmanden betreuen, Internate für mittellose Kinder verwalten und die Auszahlung beim Grundeinkommensprojekt BIG. "Viele Dinge gleichzeitig zu tun, das habe ich von meiner Großmutter gelernt", sagt der Bischof lachend, während er einen Papierstau im Faxgerät behebt. "Die Schere zwischen arm und reich ist in Namibia so groß wie nirgendwo sonst auf der Welt", sagt er. "Aber ich glaube an die direkte Hilfe."

Menschen, die Mut machen

Überall auf der Welt gibt es Menschen, die anderen helfen und in scheinbar ausweglosen Situationen Mut machen. Menschen, die oft selbst nichts besitzen, wegen ihres sozialen oder politischen Engagements bedroht werden und doch nicht aufgeben. Das Hilfswerk der evangelischen Kirche Deutschlands, "Brot für die Welt", unterstützt diese Menschen. Mit Spenden und mit praktischer Hilfe zur Selbsthilfe. So entstanden unzählige Projekte auf allen Kontinenten. In diesem Jahr feiert die Organisation den 50. Jahrestag ihrer Gründung. stern.de stellt in einer Kooperation mit "Brot für die Welt" 26 Menschen vor, die von der Hilfe aus Deutschland profitiert haben - und nun selber zu Helfern geworden sind: zu Menschen, die Mut machen.

Sein wichtigstes Projekt in diesem Zusammenhang ist das Grundeinkommensprojekt BIG. Mangels staatlicher Unterstützung hat der rührige Bischof vor einigen Jahren beschlossen, das Projekt "einfach selbst durchzuziehen". Er sammelte Unterstützer und Geld und wählte die kleine Gemeinde Omitara, 100 Kilometer östlich der Hauptstadt Windhoek, als passenden Ort für ein Pilotprojekt aus. Seit Januar 2008 bekommt dort jeder der 900 Einwohner monatlich umgerechnet zehn Euro ausgezahlt. Damit ist das von "Brot für die Welt" geförderte Projekt weltweit die erste Initiative, die die viel diskutierte Idee eines Grundeinkommens für die gesamte Bevölkerung ohne bürokratische Hürden einfach ausprobiert.

"Ich bin sehr stolz auf euch"

Kameeta nutzt seinen Posten, um all jenen unbequem zu werden, die ihm im Kampf für die Gerechtigkeit Steine in den Weg legen. So dürften auch einige Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF) den Bischof gut in Erinnerung haben. Sie hatten ihn getroffen, um ihm das Grundeinkommensprojekt auszureden. "Da hab ich ihnen eine Bibelstunde gehalten", sagt Kameeta und strahlt in der Erinnerung wie ein Junge über einen gelungenen Streich. "Das war sicher das erste Mal in der Geschichte des IWF, dass jemand seinen Abgesandten die Bibel erklärt hat."

Zur Auszahlung des Grundeinkommens versammelt sich die Gemeinde im Schatten eines Baumes. Die 900 Einwohner bilden eine lange Schlange, geben ihre Fingerabdrücke zur Identifikation und nehmen das Geld entgegen. Kameeta stellt sich in die Mitte und begrüßt die Menschen in verschiedenen afrikanischen Sprachen. "Ich bin sehr stolz auf euch", sagt er. Er bedankt sich für die Bereitschaft und den Mut der Menschen, das Pilotprojekt gemeinsam mit ihm zu versuchen. Die Menschen applaudieren.

Stichwort Kameetas Vision

Vor der UN-Kommission für soziale Entwicklung erklärte der lutherische Bischof Dr. Zephania Kameeta aus Namibia am 9. Februar 2007 sein Grundsicherungsprojekt. Er betonte, dass zivilgesellschaftliche Organisationen seines Landes auch weiterhin entschlossen seien, sich für die Armutsbekämpfung in Namibia einzusetzen. Sie ließen sich dabei auch nicht von dem Vorwurf beirren, die Grundsicherung für alle Menschen stelle eine Ermunterung zur Faulheit dar. Er würde sich auch weiterhin optimistisch für das Wohl der Armen einsetzen. "Uns in Namibia interessiert die Geschichte vom Tellerwäscher, der Millionär wurde, nicht - für mich ist das kein Vorzeigemodel", sagte Kameeta. "Zu meiner Vorstellung von Vorzeigemodell gehören zwei entscheidende Wörter dazu - 'FÜR ALLE'. Das impliziert die Forderung nach einem Reich Gottes auf Erden oder, politisch ausgedrückt, nach einer Kehrtwende die aber konkret und greifbar sein muss."

Der Glaube an das Gute

Kameeta und seine BIG-Koalition aus nichtstaatlichen Organisationen, Kirchen und Gewerkschaften haben das Geld für das erste Jahr zusammen. Danach will Kameeta die Regierung überzeugt haben. "Aber es geht nicht nur um das Geld", sagt er. Es bewegt sich etwas im Dorf, die Wirtschaft kommt langsam in Schwung. Und die Kritik der Regierung, nach deren Meinung Zahlungen ohne Gegenleistung die Menschen zur Faulheit erziehen, ist entkräftet.

Eine Radioreporterin will vom Bischof wissen, was geschieht, wenn die Regierung das Grundeinkommen für alle dennoch ablehnt. "Ach wissen Sie", antwortet der, "ich glaube an die guten Dinge im Leben. Die Schlechten kommen von alleine."