Merkel in der Türkei Patt am Bosporus

Merkels Besuch in der Türkei lässt kaum Freude aufkommen. Die Herzlichkeit der Ära Schröder ist verflogen, eine Ende des Beitritt-Pokers ist vorerst nicht in Sicht.

Angela Merkel war keinerlei Müdigkeit anzumerken. Sieben Stunden hatte die Bundeskanzlerin in der Nacht mit ihren Koalitionspartnern über die Gesundheitsreform verhandelt. Nur drei Stunden Schlaf blieben ihr anschließend noch, bevor sie zu ihrem zweitägigen Besuch in die Türkei aufbrach. Auf dem Weg von den innenpolitischen Grabenkämpfen auf die internationale Bühne gab sich die Bundeskanzlerin im Regierungs-Airbus "Konrad Adenauer" trotzdem entspannt und gut gelaunt. Dabei wartete in Ankara keine einfache Mission auf sie. Die auf zehn bis 15 Jahre angelegten Verhandlungen mit der Türkei über einen EU-Beitritt sind bereits nach einem Jahr in einer tiefen Krise. Die Zypern-Frage ist nach wie vor ungeklärt. Die EU verlangt von der Türkei, bis zum Jahresende die türkischen See- und Flughäfen für Güter des EU-Mitglieds Zypern zu öffnen. Die Türkei will die EU dagegen zunächst dazu bewegen, die Isolation des türkischen Nordteils der geteilten Mittelmeerinsel aufzuheben.

Isolation Nordzyperns

Nach dem ersten Gespräch Merkels mit Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in Ankara sah es so aus, als ob auch die Visite der deutschen Regierungschefin keine wesentlichen Fortschritte in dem Streit bringen würde. Das so genannte Ankara-Protokoll zur Ausweitung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei müsse erfüllt werden, bekräftigte Merkel. Wenn Mitgliedstaaten kooperieren wollten, gehöre auch der freie Handel dazu. Erdogan hielt bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel ein flammendes Plädoyer für eine Aufhebung der Beschränkungen für Nordzypern. "Wir haben uns immer aufrichtig verhalten", sagte er. "Solange die Isolation Nordzyperns nicht aufgehoben wird, können wir keine positive Haltung zur Öffnung der Flug- und Seehäfen einnehmen."

Das deutsch-türkische Verhältnis dürfte der Streit auf europäischer Ebene nicht belasten. Sowohl Merkel als auch Erdogan gaben sich bei dem Antrittsbesuch redlich Mühe, eine solide Basis für eine weitere Zusammenarbeit zu schaffen. Der türkische Ministerpräsident hatte sich zwei Tage frei genommen, damit er Merkel in Ankara und Istanbul quasi auf Schritt und Tritt begleiten kann. Und Merkel lernte für ihren Türkei-Besuch sogar ein paar Wörter Türkisch. "Merhaba, Asker" - "Guten Tag, Soldaten", sagte sie bei der Begrüßung vor dem Regierungsgebäude nach dem Abschreiten der militärischen Ehrenformation. Und für ihre Rede bei einem traditionellen Iftar-Essen, dem Fastenbrechen im Ramadan, wurde ihr "Guten Appetit!" auf Türkisch notiert: "Áfijät olssún".

Einladung seit einem Jahr

Die Einladung zu dem Essen hatte Erdogan bereits vor einem Jahr ausgesprochen. Damals hatte er Bundeskanzler Gerhard Schröder als ersten westlichen Regierungschef zu einem Iftar-Essen eingeladen. Es war eine der letzten Auslandsreisen des Kanzlers, der zu diesem Zeitpunkt - kurz nach der Bundestagswahl - schon wusste, dass er das Kanzleramt räumen muss. Schröder war bei seinem Abschiedsbesuch in der Türkei gefeiert worden wie ein Star. Er galt als wichtigster Partner Erdogans bei der Durchsetzung der türkischen EU-Ambitionen. Merkel hatte dagegen als Oppositionsführerin für eine "privilegierte Partnerschaft" mit der Türkei statt einer EU-Vollmitgliedschaft geworben.

Der türkische Ministerpräsident wusste aber schon damals, dass er auch unter einer Kanzlerin Merkel auf gute Beziehungen zur Bundesregierung angewiesen sein würde. "Natürlich werden wir auch Frau Merkel nächstes Jahr zu so einem Iftar-Essen einladen", verkündete er. Jetzt machte er das Versprechen wahr. Das deutsch-türkische Iftar-Essen werde jetzt "allmählich zur Tradition", sagte er am Donnerstag. Das gemeinsame Fastenbrechen sei auch "eine weitere Bereicherung für den Prozess der Zusammenarbeit der Kulturen."

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Michael Fischer/AP