Während sich Israels enge Verbündete wie die USA und Deutschland noch zunehmend frustriert um eine Wiederaufnahme von Friedensgesprächen zwischen Palästinensern und Israelis bemühen, wird in Israel schon der nächste Krieg diskutiert. "Netanjahu versucht sein Kabinett dazu zu bewegen, einen Angriff auf den Iran zu unterstützen", titelte die Zeitung "Haaretz". Die "Jerusalem Post" ergänzte, wie ein solcher Angriff im mehr als 1500 Kilometer entfernten Iran ablaufen könnte. Am Donnerstag sah die "Haaretz" Israel bereits am "Vorabend des Krieges".
Harte Quellen nannten die Medien jedoch nicht für ihre Berichte. Auch Netanjahu steuerte vorerst nichts zur Klärung bei. Sprecher Mark Regev meinte nur lakonisch, als ob es um eine Nebensache ginge: "Wir kommentieren nicht jede Spekulation in der Zeitung". Eine Nebensache ist die Frage, ob der extrem israelfeindliche Iran Atombomben baut, jedoch keinesfalls. Und ein möglicher Angriff Israels auch nicht. Beide hätten gruselige Konsequenzen.
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat mit seiner wiederholten anti-israelische Hetze viel dazu beigetragen, dass Israel überhaupt einen Angriff in Erwägung zieht. Iran sei entschlossen, Israel "auszulöschen", sagte Ahmadinedschad im August in einem Interview mit dem libanesischen Fernsehsender Al-Manar nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Isna.
Angriff, der ins eigene Verderben führen kann
"Iran glaubt: Wer für Menschlichkeit ist, muss auch für die Auslöschung des zionistischen Regimes (Israel) als ein Symbol der Unterdrückung und Diskriminierung sein", wurde Ahmadinedschad zitiert. Israelis erinnert das fatal an die Rhetorik der Nazis. Und einer der wichtigsten Gründe für die Existenz Israels ist, dass Juden nie wieder wehrlos ins Verderben gehen wollen.
Aber ein Angriff auf den Iran könnte ebenfalls ins Verderben führen. Israel hat für einen Angriff fertige Pläne in der Schublade, ist die Zeitung "Jerusalem Post" überzeugt. Die Luftwaffe besitze die Fähigkeit, Kampfflugzeuge in der Luft nachzutanken, damit sie die 1500 bis 2000 Kilometer von den Heimatbasen entfernten Ziele überhaupt erreichen.
Die israelischen Jets müssten jedoch in mehreren Angriffswellen zunächst die iranische Luftabwehr zerstören, Radaranlagen und Kommandozentralen außer Gefecht setzen und ganz nebenbei auch noch die gegnerische Luftwaffe am Boden halten. Erst dann könnten Spezialflugzeuge versuchen, mit den von den USA gelieferten bunkerbrechenden Spezialbomben die teilweise tief im Untergrund gesicherten Nuklearanlagen zu zerstören. "Eine immense taktische Aufgabe", schreibt die Zeitung.
Journalisten warnen vor "Kriegsgefahr"
Iran hat wiederholt, zuletzt am Mittwoch, gedroht, Israel werde im Falle eines Angriffs "bestraft". Teheran verfügt über Schihab 3-Raketen, die bis Israel fliegen. Zudem könnte auch die dem iranischen Regime nahe stehende Hisbollah aus dem Libanon Israel unter Beschuss nehmen, so die Befürchtung. Die ganze Region könnte in Brand geraten.
Es bestünde die Gefahr eines Krieges "von Gaza bis Afghanistan", sagte der frühere Berater der US-Regierung, Bruce Riedel, der Zeitung "Jediot Archronot". Schon im vergangenen Jahr hatte der US-Journalist Jeffrey Goldberg gewarnt, einem solchen Krieg könnten tausende Iraner, Israelis, Araber und US-Bürger zum Opfer fallen. Die Preise für Erdöl würden katastrophal in die Höhe schnellen.
Angesichts dieser Risiken könnten israelische Kommentatoren Recht behalten, die die Iran-Diskussion nur für eine Drohgebärde halten. Aber sicher sein können sich die USA und die Europäische Union nicht. Auf jeden Fall dürfte der Druck auf Iran zunehmen, sein Atomprogramm offenzulegen und nachzuweisen, dass es wie behauptet nur friedlichen Zwecken dienen soll.