Ein dreijähriges Mädchen ist am Samstag im Flüchtlingslager Rafah im Gazastreifen auf offener Straße erschossen worden. Das Kind erlitt einen Kopfschuss, wie Krankenhausmitarbeiter sagten. Nach Angaben der Familie war das Mädchen im Stadtteil Brazil auf dem Weg zu einem Süßigkeitenladen. Bis auf eine Gruppe Kinder sei die Straße menschenleer gewesen. Rafah war in den vergangenen Tagen Schauplatz heftiger Gefechte, bei denen 41 Palästinenser getötet wurden. Bei einem Selbstmordanschlag vor einem Militärposten bei Bekaot im Westjordanland wurden nach Angaben der israelischen Streitkräfte ein Soldat und drei Palästinenser verletzt. Zu dem Anschlag bekannte sich die Palästinensische Befreiungsfront.
UN-Hilfswerk nennt Zerstörung "inakzeptabel"
Ein UN-Vertreter kritisierte die Anfang der Woche begonnene Zerstörung von Häusern in Rafah durch israelische Truppen als "völlig inakzeptabel". Die Schäden seien schlimmer als befürchtet, sagte Peter Hansen, der Leiter des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge. In den vergangenen zehn Tagen seien 1.650 Palästinenser obdachlos geworden. Palästinensische Behörden berichteten, es seien mindestens 43 Häuser zerstört und Dutzende weitere beschädigt worden.
Nach Angaben des Roten Kreuzes erhielten mittlerweile Techniker Zugang zum Stadtteil Tel Sultan, einem der am stärksten betroffen Viertel, um die Wasserversorgung und das Abwassersystem wieder aufzubauen. Noch immer war die Gegend ohne Strom, auf den Straßen standen Abwasserpfützen. In Tel Sultan und Brazil begannen die Menschen mit Aufräumarbeiten und suchten in den zerstörten Häusern ihre Habseligkeiten zusammen.
Israel rücken wieder in Rafah ein
Die israelischen Streitkräfte drangen unterdessen in der Nacht in den Osten der Stadt Rafah ein, wie palästinensische Augenzeugen mitteilten. Männer seien über Lautsprecher aufgefordert worden, ihre Häuser zu verlassen.
Der palästinensische Präsident Jassir Arafat warf Israel einen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser vor. In einer Videobotschaft zum Gipfeltreffen der Arabischen Liga erklärte Arafat von seinem Amtssitz in Ramallah aus, Militäraktionen könnten Israel keinen Frieden und keine Sicherheit bringen. Eine Lösung böten vielmehr nur Verhandlungen und der internationale Friedensplan, die so genannte Roadmap.
Putin: Es gibt keine Alternative zur Roadmap
Auch der russische Präsident Wladimir Putin sprach sich in einem Brief an die Vertreter der Konferenz in Tunis für weitere Bemühungen um eine Umsetzung der Roadmap aus. Zu dem Plan gebe es keine Alternative. US-Außenminister Colin Powell betonte ebenfalls, das Vorgehen im Nahen Osten müsse im Einklang mit dem Friedensfahrplan stehen. In der "Welt am Sonntag" schrieb Powell, er wolle künftig nur mehr nach den Vorgaben der Roadmap agieren.