Trumps Mann für den Supreme Court Neil Gorsuch - Der Mann, der mit seiner Haarfarbe geschummelt haben soll

Nach dem Willen Donald Trumps wird Neil Gorsuch den seit fast einem Jahr vakanten neunten Sitz am Obersten Gerichtshof besetzen. Wie akribisch der brillante Jurist seine Karriere plante, beweist eine Anekdote über ihn.

Dass er über eine geschliffene Wortwahl und ein einnehmendes Wesen verfügt, bewies Neil Gorsuch gleich bei seinem ersten großen Auftritt vor der US-Öffentlichkeit. "Ein Richter, der jedes von ihm erreichte Resultat mag, ist sehr wahrscheinlich ein schlechter Richter", bekannte sich der Kandidat von US-Präsident Donald Trump für das Oberste Gericht zum Primat des Rechts über die persönliche Meinung. Es war der Beginn einer Charmeoffensive, mit welcher der wertkonservative Jurist den Widerstand der oppositionellen Demokraten gegen seine Nominierung aufweichen will. 

Mit der Ernennung des 49-jährigen Bundesberufungsrichters aus dem Rocky-Mountains-Staat Colorado hat der neue US-Präsident Donald Trump zweifellos eine seiner bislang smartesten Entscheidungen getroffen. Er  erfüllt mit der Ernennung eines ausgewiesenen Konservativen für den mächtigen Supreme Court eines seiner wichtigsten Wahlkampfversprechen: "Ich bin ein Mann des Wortes", verkündete Trump stolz bei seinem gemeinsamen Auftritt mit dem Richter am Dienstagabend  im Weißen Haus.

Neil Gorsuch arbeitete schon früher am Supreme Court

Gorsuch war schon einmal am Supreme Court: Am Obersten Gericht der USA arbeitete er Richter Anthony Kennedy zu. Anders als der eher liberale Kennedy wird Gorsuchs Haltung aber als durchgängig konservativ beschrieben. Darin ähnelt er Antonin Scalia, erzkonservativer Richter und Säulenheiliger der Republikaner, der beinahe genau vor einem Jahr starb - dem Mann also, dem Gorsuch nachfolgen soll. Zwar entbehre der 49-Jährige dessen Feuer und Streitgewalt, heißt es. Er habe aber Scalias glasklaren Schreibstil.

Wie Scalia ist Gorsuch ein Vertreter des sogenannten Originalismus. Nach dieser juristischen Lehrmeinung sollen die Worte der Verfassung so ausgelegt werden wie zur Zeit ihrer Entstehung. Werden Gesetze überprüft, geht es nur um deren Worte selbst, nicht um die Absicht oder Konsequenzen des Gesetzgebers.

Gorsuchs Lebenslauf weist mit Columbia und Harvard zwei US-Top-Universitäten auf, außerdem studierte er in Oxford. Sein Wirken als Partner in einer Washingtoner Großkanzlei wird als sehr erfolgreich beschrieben. Heute ist Gorsuch Bundesrichter an einem Berufungsgericht in Denver. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter. Gorsuch wird als ein Fan von Outdoor-Sport beschrieben, fährt gern Ski, liebt das Rudern und das Fliegenfischen.

Färbte er sich wirklich mit 39 Jahren das Haar grau?

Und er legte eine Bilderbuchkarriere hin. Gerüchte, wonach sich der jugendlich wirkende Mann im Alter von 39 die Haare grau gefärbt habe, um älter auszusehen, quittierte ein früherer Kanzleipartner einmal so: "Er wurde mit silbernem Haar geboren, außerdem mit einem unerschöpflichen Schatz an Churchill-Zitaten."

Gorsuchs fachliche Qualifikation ist schwer anfechtbar. Sein Kandidat zeichne sich durch "herausragende juristische Fähigkeiten" und einen "brillanten Geist" aus und genieße parteiübergreifende Unterstützung, schwärmte auch Trump bei der Vorstellung.

Tatsächlich hatte Gorsuch vor rund zehn Jahren für seine Ernennung an das Berufungsgericht die einhellige Zustimmung des Senats bekommen. Doch so glatt wird es diesmal für ihn nicht laufen. Dem grauhaarigen Richter steht wohl ein aufreibendes Nominierungsverfahren bevor. Zwar verfügen Trumps Republikaner im Senat, der bei den Supreme-Court-Besetzungen das letzte Wort hat, über die Mehrheit - doch die Demokraten können Gorsuchs Ernennung durch Verfahrenstricks erheblich erschweren.

Neil Gorsuch ist jung - und könnte über Jahrzehnte am Supreme Court wirken

Schließlich muss die Opposition fürchten, dass das Gericht über Jahrzehnte hinweg eine konservative Grundausrichtung bekommt - die obersten Richter werden auf Lebenszeit ernannt. Der relativ junge Gorsuch könnte den Posten also über Jahrzehnte hinweg besetzen. Der Anführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, meldete denn auch umgehend "sehr ernsthafte Zweifel" an, dass sich Gorsuch innerhalb des "juristischen Mainstreams" bewege.

Zwar ist der Trump-Kandidat bei einigen der brisantesten Konfliktthemen wie der Abtreibung und dem Waffenrecht ein unbeschriebenes Blatt. Doch in einer seiner strittigsten Entscheidungen unterstützte er Sonderrechte für konservativ-christliche Gruppen: Gorsuch urteilte, dass Arbeitgeber wegen ihrer religiöser Überzeugungen nicht für Verhütungsmittel ihrer Beschäftigten aufkommen müssen, wie es die Gesundheitsreform von Trumps Vorgänger Barack Obama vorsieht.

Gorsuch wuchs in Colorado auf, kennt aber die Hauptstadt schon aus seiner Jugend. Als Teenager zog er nach Washington, wo seine Mutter die Umweltbehörde EPA leitete. Später studierte er an der Columbia University in New York, an der Harvard-Universität und im britischen Oxford. Neben seiner Zeit als Richterassistent am Supreme Cort weist sein Lebenslauf Stationen in einer Anwaltskanzlei und im Justizministerium auf, bevor er an das Bundesgericht in seinem Heimatstaat berufen wurde. 

Gefürchtetes Endlos-Quasseln als politische Waffe

Sein Weg an die Spitze des Supreme Court dürfte spannend und steinig werden. Nach wie vor ist ihre Empörung darüber groß, dass die Republikaner die Besetzung des Richterpostens durch Trumps Vorgänger Obama gezielt bis zum Ende von dessen Amtszeit blockiert hatten. Gorsuch wird diese Empörung nun zu spüren bekommen - vielleicht in Form eines "Filibuster", also von zermürbenden Marathonreden, die seine Ernennung verschleppen. Er halte den US-Senat für das "großartigste Beratungsgremium der Welt", umgarnte Gorsuch bei seinem Auftritt im Weißen Haus schon einmal vorbeugend die Parlamentarier. 

AFP · DPA
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