Mit einem Treffen mit irakischen Vertretern in Nassirijah im Süden des Irak wollen die USA am Dienstag einen ersten Schritt zur Bildung einer Übergangsregierung unternehmen.
Schiiten wollen Treffen boykottieren
Der frühere US-General Jay Garner, der von der US-Regierung als Chef einer Übergangsverwaltung vorgesehen ist, wird die Konferenz leiten, zu der rund 60 Iraker erwartet werden. Die wichtigste schiitische Oppositionsgruppe im Irak kündigte allerdings an, das Treffen zu boykottieren. Es sei nicht zum Vorteil des irakischen Volkes, sagte ein Sprecher des Hohen Rates für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI) am Montag. Mit Tikrit hatten zuvor die US-geführten Truppen nach eigenen Angaben die letzte Hochburg des entmachteten irakischen Präsidenten Saddam Hussein eingenommen. Erstmals seit Beginn des Krieges am 20. März gingen nach Angaben des UNO-Kinderhilfswerks Unicef am Montag im Nordirak Kinder wieder zur Schule.
Zu der Konferenz über die politische Zukunft des Irak werden unter anderem Vertreter von schiitischen und sunnitische Gruppen, von Kurden und des 1958 gestürzten Königshauses erwartet. Aus US-Regierungskreisen verlautete, es solle danach weitere Zusammenkünfte geben, ehe eine nationale Versammlung eine Übergangsregierung einsetzt. "Wir sprechen über Wochen und nicht über einen viel längeren Zeitraum", hieß es.
"Sie wollen, dass wir so schnell wie möglich das Land verlassen"
Der Beauftragte der britischen Regierung für den Wiederaufbau Iraks, Brigadegeneral Tim Cross, sagte mit Blick auf die irakischen Konferenzteilnehmer: "Ich denke, sie wollen, dass wir so schnell wie möglich das Land verlassen. Sie wollen für ihr eigenes Land verantwortlich sein." Großbritannien ist der engste Verbündete der USA im Irak-Krieg. Cross sagte, bis zu einer neuen irakischen Regierung könne es mehr als sechs Monate dauern. Es müsse alles von Grund auf aufgebaut werden.
Cross erwartet binnen drei Monaten die ersten irakischen Öllieferungen. "Ich habe das Gefühl, dass wir binnen drei Monaten Ölförderung und -verkäufe sehen werden", sagte er.
Irakische Opposition zerstritten
Die irakischen Oppositionsgruppen sind untereinander tief gespalten. Der SCIRI-Sprecher sagte, seine Gruppe mit Sitz in Iran lehne jegliche Abhängigkeit ab, egal ob von den USA oder von sonst jemandem. 60 Prozent der insgesamt 26 Millionen Einwohner des Iraks sind Schiiten. Ein anderer SCIRI-Sprecher sagte, die meisten anderen Gruppen würden seines Wissens nicht an dem Treffen teilnehmen oder ohne ihre führenden Vertreter erscheinen.
Auch der Chef der Oppositionsgruppe Irakischer Nationalkongress, Ahmed Chalabi, wird nicht an dem Treffen teilnehmen und stattdessen einen Vertreter schicken. Die USA haben für Chalabi eine Führungsrolle im Irak vorgesehen. Für die Vereinten Nationen (UNO) sieht er keine große Rolle in einem Nachkriegsirak. In einem Zeitungsinterview hatte er gesagt: "Ich glaube nicht, dass die Vereinten Nationen in der Lage sind, eine zentrale Rolle im Irak zu spielen. Sie sind de facto zu einem Verbündeten von Saddam Hussein geworden.
Zahlreiche Mitgliedstaaten des UN-Sicherheitsrats hatten sich gegen den Irak-Krieg ausgesprochen und stattdessen eine Fortsetzung der Waffeninspektionen in dem Land gefordert. Die USA haben gesagt, die UN würde beim Wiederaufbau des Irak eine Rolle spielen, ohne diese genauer zu definieren. Die UN wird als Beobachter an der Konferenz teilnehmen.
Blair: Die Streitkräfte Saddams sind zusammengebrochen
Beim Einmarsch in Tikrit hatte es dem US-Militär zufolge weniger Widerstand als erwartet gegeben. US-Brigadegeneral Vincent Brooks sagte im Central Command der US-Truppen in Katar, der Krieg sei noch nicht vorbei. Es könne weitere Kämpfe geben, doch würden diese auf kleinere Gebiete begrenzt sein. Der britische Premierminister Tony Blair sagte, die Streitkräfte Saddams seien zusammengebrochen.
Ein Unicef-Sprecher sagte: "Es ist ein Zeichen, dass das Leben wieder normal wird, wenn Familien ihre Kinder wieder in die Schule schicken." Zuvor hatte die kurdische Kultusbehörde beschlossen, die Schulen wieder zu öffnen. Laut Unicef gibt es rund 4000 Grundschulden und hunderte weiterführende Schulen in der Region. Das UNO-Kinderhilfswerk hat in den vergangenen Wochen Lernmaterial und Zelte sowie humanitäre Hilfe in den Norden des Landes gebracht.
US-Soldaten entdecken mutmaßliche mobile Labore in Irak
Amerikanische Soldaten haben in Südirak mutmaßliche mobile Laboratorien entdeckt. Brigadegeneral Ben Freakley sagte dem Nachrichtensender CNN, Mitglieder der 101. Luftlandedivision hätten nahe Kerbela elf vergrabene Container gefunden. Die Container könnten an Lastwagen und Eisenbahnwaggons gehängt werden. Ein Sprecher der Division erklärte, die sechs Mal sechs Meter großen Container hätten Laborausrüstungen enthalten. Der Inhalt solle jetzt geprüft werden. Die Container wurden in der Nähe einer Munitionsfabrik gefunden.