"Niemand hat das erwartet, nicht einmal der Gewinner selbst", kommentiert die niederländische Zeitung "Trouw" den Sieg von Geert Wilders bei der vorgezogenen Parlamentswahl. Nach jahrzehntelanger Hetze gegen Migranten, den Islam und die EU ist dem 60-jährigen Rechtspopulisten im sechsten Anlauf der große Triumph gelungen: Seine Partei PVV ist die stärkste Kraft im neuen Parlament.
Nun will Wilders Nachfolger des scheidenden Regierungschefs Mark Rutte werden. Dies wird allerdings eine knifflige Aufgabe, da er Koalitionspartner braucht. Führende Vertreter anderer großer Parteien erklärten bereits vor der Wahl, dass sie Wilders nicht zum Amt des Regierungschefs verhelfen würden.
Wilders gilt als der "niederländische Trump"– nicht nur, weil er mit seiner blond gefärbten Tolle dem Ex-US-Präsidenten Donald Trump ähnlich sieht. Auch Wilders' Spruch "Netherlands first" ("Die Niederlande zuerst") erinnert an Trumps Slogan "America first", ebenso wie seine menschenverachtende Rhetorik.
Geert Wilders nennt Marokkaner "Abschaum"
Marokkaner sind für Wilders "Abschaum", er veranstaltete Wettbewerbe für Karikaturen des Propheten Mohammed. Die vermeintliche "islamische Invasion" des Westens zu stoppen ist seine Mission. In einer der letzten Wahldebatten mäßigte Wilders seinen Ton aber etwas. Es gebe "größere Probleme als den Kampf gegen die Flut von Asylbewerbern und Einwanderern", sagte er und erklärte sich bereit, seine Ansichten über den Islam "in die Gefriertruhe" zu legen, um zu regieren.
Doch das Wahlprogramm seiner PVV spricht eine andere Sprache. "Asylbewerber schlemmen an herrlichen kostenlosen Buffets von Kreuzfahrtschiffen, während niederländische Familien bei den Lebensmitteln sparen müssen", heißt es darin. Die PVV will Islamschulen, den Koran und Moscheen verbieten, Grenzkontrollen einführen und syrische Asylbewerber abschieben.
Von Leonor bis Amalia: Diese jungen Prinzessinnen werden in Europa herrschen

Die Schattenseiten eines Lebens in der Öffentlichkeit hat Kronprinzessin Amalia der Niederlande wie keine andere ihrer Generation erfahren müssen. In den sozialen Medien wurde die älteste Tochter von König Willem-Alexander und Königin Máxima übel beschimpft und beleidigt. Als sie im Herbst 2022 bei ihrer Familie auszieht und eine kleine Wohnung im Amsterdam bezieht, um dort zu studieren, muss sie wenige Monate später wieder raus. Es gebe ernstzunehmende Drohungen gegen die künftige Königin, heißt es. Nicht von Online-Trollen, sondern von der organisierten Kriminalität. Ihr Studium, das Jura, Psychologie, Politik und Wirtschaft vereint, gibt sie nicht auf. Auch bei großen Events in der Öffentlichkeit wie dem Königstag oder dem traditionellen Sommer-Fotoshooting der Königsfamilie ist sie dabei. Im Januar 2023 tourt die Prinzessin von Oranien, so der offizielle Titel der Thronfolgerin, mit ihren Eltern durch die Karibik. Am 7. Dezember 2022 feiert Amalia ihren 18. Geburtstag und gehört damit automatisch zum Staatsrat ihres Landes. In ihrer Rede zu diesem Anlass spricht sie über das "Amt, das mich erwartet". "In der fernen Zukunft, hoffe ich. Auch wenn das Bewusstsein da ist, dass es morgen soweit sein könnte", erklärt die Kronprinzessin. Mit ihr wird eines Tages eine weitere Frau den niederländischen Thron besteigen. Bis 2013 war Amalias Großmutter Beatrix Königin. Sie trägt heute den Titel Prinzessin. Und vor Beatrix regierte deren Mutter Juliana das europäische Land
Auch EU-Bürger sollen nach Wilders' Vorstellung wieder eine Arbeitserlaubnis beantragen müssen. Doch noch lieber würde er es den Briten mit ihrem Brexit gleichtun und aus der Europäischen Union austreten. Wilders' Programm sieht ein "verbindliches Referendum" über einen "Nexit" vor.
Sohn einer Halbindonesierin
Wilders wurde 1963 in Venlo an der deutschen Grenze geboren und wuchs mit seinem Bruder und zwei Schwestern in einer katholischen Familie auf. Seine Mutter war Halbindonesierin, was Wilders meist verschweigt. Er ist mit einer Ungarin verheiratet.
In den 1980er Jahren begann Wilders, sich für Politik zu interessieren, wie sein älterer Bruder Paul dem Magazin "Der Spiegel" erzählte. "Er stand damals weder klar links noch rechts, er war auch nicht ausländerfeindlich. Aber das politische Spiel hat ihn fasziniert: der Kampf um Macht und Einfluss." 1998 trat er in die liberale VVD ein.
Wilders' Wut auf den Islam entwickelte sich nach und nach. Er verbrachte einige Zeit in Israel in einem Kibbuz und erlebte die Spannungen mit den Palästinensern. Auch die Morde an dem rechtsextremen Politiker Pim Fortuyn 2002 und dem radikalen anti-islamischen Filmemacher Theo van Gogh 2004 beeinflussten ihn, wie er in seinen Büchern schreibt.
Wegen Beleidigung verurteilt
Wilders schwor, sich nicht zum Schweigen bringen zu lassen, obwohl er wegen der Beleidigung marokkanisch-niederländischer Bürger verurteilt wurde. Dieser aufsehenerregende Prozess verhalf ihm nur wenige Monate nach dem Brexit und kurz nach dem Sieg von Trump bei der US-Präsidentschaftswahl zu größerer Bekanntheit.
2006 verließ Wilders die VVD, um seine eigene Partei zu gründen, die 2017 zweitstärkste Kraft im Parlament wurde und 2021 auf den dritten Platz zurückfiel.

Wilders ist ein Meister darin, auf der Klaviatur der Medien zu spielen. Es gelang ihm, den politischen Diskurs nach rechts zu verschieben und das Land zu spalten, das eine lange Tradition multikultureller Toleranz hat.
Für viele Niederländer ist Wilders deshalb eine Hassfigur. Er erhält Todesdrohungen und bewegt sich nur mit Polizeischutz, weshalb er kaum Kontakt zur Außenwelt hat. Sein Bruder beschrieb ihn als einsam und isoliert. Wenn er nicht gerade islamfeindliche Schmähungen in den Onlinenetzwerken verbreitet, postet er gerne Bilder von seinen Katzen.