Parteitag der US-Demokraten "Ein historisches Ereignis"

Es wird die Krönung von Barack Obama: Bei ihrer Convention in Denver werden die US-Demokraten ihn zu ihrem Präsidentschaftskandidaten küren. Shari Temple aus München ist eine von rund 4200 Delegierten - und die einzige aus Deutschland. Im stern.de-Interview erzählt sie, was bei der Convention passiert und was sie George W. Bush für den Ruhestand wünscht.

Frau Temple, am 25. August beginnt die Convention der Demokraten in Denver. Wie kommt es, dass Sie als einzige Amerikanerin aus Deutschland daran teilnehmen?

Ich bin die Vize-Vorsitzende der Democrats Abroad in Deutschland. Die Democrats Abroad (Amerikaner, die im Ausland leben und sich zu der demokratischen Partei bekennen, Anm. d. Red) schicken 22 Delegierte nach Denver. Sechs davon kommen aus der Europa-Mittlerer-Osten-Afrika-Region, und ich bin eine davon. Insgesamt werden rund 4250 Delegierte in Denver sein.

Ist das Ihre erste Convention und was erwarten Sie sich davon?

Ja, es ist meine erste Convention. Ich weiß nicht genau, was mich alles erwartet. Aber eins ist sicher: ich werde Augenzeugin einer der aufregendsten Conventions der Geschichte.

Warum ist diese Convention etwas so besonderes?

Wir sind Zeugen eines historischen Ereignisses. Ich bin stolz, dass unsere Partei mit Hillary Clinton und Barack Obama zwischen einer Frau und einem Afro-Amerikaner wählen konnten. Das war dringend notwendig.

Shari Temple

Shari Temple ist in Texas geboren und wohnt seit 2001 in München. Sie arbeitet bei einer IT-Firma. Shari Temple ist stellvertretende Vorsitzende der deutschen Gruppe der Democrats Abroad, der Auslandsorganisation der Demokraten. Sie fungiert bei der Convention der Demokratischen Partei in Denver vom 25. bis 29 August als eine von 22 Delegierten der Democrats Abroad.

Was genau passiert denn in den vier Tagen in Denver?

Es wird so genannte Training-Sessions geben, bei denen uns erklärt wird, wie das Geldeintreiben am besten funktioniert oder wie man die politischen Positionen der Demokraten am geschicktesten erklärt. Dazu wird es Diskussionen mit einzelnen Lobby-Gruppen geben. Dort sagen uns etwa Vertreter der Indianer, von Veteranen oder der Homosexuellen, was sie von der Demokratischen Partei erwarten. Und dann wird die Wahlplattform verabschiedet. Dass wichtigste Event ist die Nominierung unseres Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und dessen anschließende Rede...

....die er ja in einem Football-Stadion halten wird und nicht bei der Convention selber. Er bricht damit mit einer Tradition. Wie finden Sie das?

Ich habe zunächst gedacht: Blöd, da muss ich die Ehre, bei diesem Event persönlich dabei zu sein, mit viel mehr Leuten teilen. Aber jetzt bin ich anderer Meinung: Es ist großartig, dass Obama so vielen Menschen diese Gelegenheit gibt. Er hat seinen ganzen Wahlkampf um die Leute an der Basis herum aufgebaut. Und diese Rede ist ein weiteres Beispiel dafür.

Aber Obama tut das ja nicht aus purer Selbstlosigkeit, sondern um möglichst große Aufmerksamkeit zu bekommen.

Nein, dass denke ich nicht. Es gibt schließlich genug Möglichkeiten, seine Rede im Fernsehen oder im Internet zu verfolgen. Er will einfach mehr Menschen als nur den Delegierten und der Presse die Gelegenheit geben, dabei zu sein. Es gibt lange Wartelisten und ein großes Interesse, ihn zu sehen.

Wie erklären Sie sich diese unglaubliche Begeisterung für Obama, gerade auch im Ausland?

Seine Botschaft kommt einfach bei den Menschen an, die sehen, welch großen Schaden das Image Amerikas durch die Amtszeit von George W. Bush genommen hat.

Haben Sie Obama schon mal persönlich kennen gelernt und werden Sie ihn bei der Convention treffen?

Ich hatte die Gelegenheit, Obama bei seiner Rede in Berlin zu hören und war mit meinen Parteikollegen sehr nahe an der Bühne. Ich habe ihn aber noch nicht persönlich getroffen. Ich hoffe jedoch, dass sich in Denver eine Gelegenheit dazu ergibt. Eigentlich kommt der Kandidat traditionellerweise nur für seine Rede, aber bei Obama und seiner basisorientierten Art könnte das anders sein.

Warum unterstützen Sie Obama?

Wir hatten mit Hillary Clinton und ihm zwei sehr gute Kandidaten. Ich stehe hinter Obama vor allem wegen seinem Willen, die Truppen aus dem Irak abzuziehen. Nicht nur, weil wir gar nicht erst im Irak sein sollten, sondern auch wegen den negativen Auswirkungen des Krieges auf die US-Wirtschaft. Und ich denke, dass viele der Menschen im Vorwahlkampf ähnlich dachten. Die Democrats Abroad haben sich jedenfalls mit großem Vorsprung für Obama anstelle von Hillary Clinton entschieden.

Trotzdem sind Hillary Clinton und ihr Ehemann Bill wichtige Figuren für Ihre Partei. Welche Rolle werden sie bei der Convention spielen und was erwarten Sie sich von den beiden während des eigentlichen Wahlkampfes gegen den Republikaner John McCain?

Beide Clintons werden bei der Convention Hauptredner sein, Hillary am Dienstag, Bill am Mittwoch. Und beide werden angeblich auch an den angesprochenen Konferenzen teilnehmen. Ich finde es wichtig, dass beide eine große Rolle spielen und Obama unterstützen. Denn sie sind herausragende Köpfe der Demokratischen Partei und haben viele Fans in ganz Amerika.

Welche Stimmung herrscht bei den im Ausland lebenden US-Amerikanern vor dieser Wahl und wie unterscheidet sie sich von der Atmosphäre im Land selber?

Die meisten Amerikaner die ich kenne, freuen sich auf diese Wahl und sind hoch motiviert. Denn sie wissen: Die Tage von George W. Bush sind gezählt. Viele sind optimistisch, dass sich das Image der USA im Ausland mit Barack Obama als Präsident stark verbessern wird. Meine republikanischen Freunde geben zu, dass es schlecht für ihre Partei aussieht. Generell herrscht ein großes Interesse an diesen Wahlen, und viele Leute beschäftigen sich mit Politik und den Themen.

Und wie groß wäre die Enttäuschung, wenn es Barack Obama trotzdem nicht schafft?

Ich hoffe natürlich, dass sich viele Amerikaner die im Ausland leben, bei www.votefromabraod.org registrieren und für unsere Partei stimmen. Denn eine dritte Bush-Amtszeit mit John McCain würde die Fortführung der bisherigen Politik bedeuten. Aber wir müssen die Richtung ändern.

Das hört sich gut an und genau das verspricht Obama. Aber welche Verbesserungen würde ein Präsident Obama fürs Ausland bringen, besonders für Deutschland?

Als Obama in Berlin auftrat, hat er angedeutet, welche Veränderungen mit ihm eintreten würden. Ich glaube, dass sich vor allem seine Offenheit und sein diplomatisches Geschick positiv auf unsere internationalen Beziehungen auswirken werden.

Aber Obama blieb doch bei seiner Rede in Berlin sehr vage, und so langsam wollen die Amerikaner und auch die Menschen im Ausland genauer hören, was er machen wird.

Obama steht für Wechsel und McCain für eine dritte Bush-Amtszeit. Aber Veränderung ist es, was Amerika im Moment braucht. Und eine der wichtigsten Veränderungen wird eine offenere Kommunikation mit den Staatschefs der übrigen Welt sein.

Was wünschen Sie Präsident Bush?

Ich wünsche ihm alles Gute im Ruhestand und hoffe, dass er auf seiner Ranch bleibt und nie wieder in der Politik arbeitet. Aber im Ernst: Ich hoffe, dass er in seinen verbleibenden Monaten im Amt keinen neuen Krieg provoziert.

Interview: Malte Arnsperger