Abends um acht beginnt die Party-Time im Madison Square Garden. Vor dem die Republikaner in langen Schlangen stehen und sich die New Yorker Schwüle mit dem süßlichen Parfüm der rausgeputzten Damen mischt. In den sie sich zu Tausenden schieben durchs Nadelöhr der Sicherheitsschleusen. In dem sie sich wohl fühlen, weil unter sich und nicht länger schief angeschaut oder belächelt oder sogar beschimpft. Wo die Texaner Cowboyhüte und Jeanshemden tragen und aussehen dürfen wie lebende Karikaturen ihrer selbst. Wo Marschmusik aus den Boxen wummert, und der singende Polizist Daniel Rodriguez, "the Latino voice of patriotism, "Amazing Grace" schmalzt und hernach von allen das Hohe Lied auf die Armee gesungen wird. Wo New Yorks früherer Bürgermeister Rudolph Giuliani Gott dafür dankt, dass George W. Bush Präsident ist und der Filmemacher Michael Moore derart emphatisch ausgebuht wird, als wäre er der Leibhaftige. Gesichter laufen rot an, Halsadern schwellen.
Auf CNN lobhudelt Andrew Card, Stabschef des Weißen Hauses, New York sei genau die richtige Wahl gewesen. Sie geben sich alle Mühe, sich etwas vorzumachen.
Ein bisschen wie im Zoo
Auf dem Weg in den Square Garden kommt man an den Hotels der republikanischen Delegierten vorbei. Viele stehen da auf der Straße und warten auf Busse, die sie sicher zum Garden bringen sollen. Ein Gitter, hüfthoch, trennt die Abgeordneten vom Bürgersteig, auf dem Passanten vorbei eilen. Aus Sicherheitsgründen, heißt es. Aber es sieht ein bisschen aus wie im Zoo. Die New Yorker schauen belustigt oder verärgert auf die Gäste, die ihre City für vier Tage besetzt haben. Und die Gäste schauen teilweise verängstigt, weil sie wissen, dass sie in dieser liberalen Stadt maximal toleriert werden. Obschon 84 Prozent der Delegierten zuvor schon wenigstens einmal in New York waren und 94 Prozent sagen, dass sie diese Stadt mögen und nur 3 Prozent Angst von Terroranschlägen haben.
Der sicherste Platz in ganz New York ist der Madison Square Garden. Er wirkt wie ein UFO. Er hat in diesen Tagen nichts mit New York und der Idee dieser Stadt zu tun. Die Gegend ist weiträumig abgesperrt, und um dort hinzu gelangen, müssen Republikaner und die vielen Tausend Journalisten gleich mehrere Plastik-Karten zücken. Eine Woche lebt New York mit diesem UFO mitten in der Stadt.
Das Land ist gespalten in pro und kontra Bush. Und New York ist gespalten in drinnen und draußen. Drinnen läuft eine Show perfekt inszeniert wie die Broadway-Musicals ein paar Blocks entfernt. Draußen lärmen die Protestler. Drinnen dürfen vergleichsweise milde Redner wie Senator John McCain oder wie gestern abend Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger den Abgeordneten, dem Land der Welt vorgaukeln, die Grand Old Party sei in Wahrheit moderat und weltoffen. Draußen schäumen liberale Gruppen gegen die gleich zu Beginn verabschiedete Agenda, die bei weitem konservativste in der Geschichte der konservativen Partei. Drinnen reden sie darüber, Amerika sei unter George W. Bush sicherer geworden. Draußen steht eine Armee von 37 000 Polizisten. Drinnen sagt ein Cop unter frenetischem Jubel, dass sich Bush auf die Stimmen der New Yorker Polizei verlassen könne. Draußen tragen Kollegen von ihm T-Shirts auf denen "unterbezahlt und überarbeitet" steht.
Die New Yorker zählen die Tage, und der republikanische Delegierte Joseph Kyrillos aus New Jersey sagt: "New York ist ein Fort, und ich liebe es."