Parteitag SPD-Spitze erwartet Aufbruchsignal

Die SPD-Spitze erwartet von Bochumer Parteitag ein Aufbruchsignal für die Reformpolitik der Sozialdemokraten und der von ihnen geführten Bundesregierung.

Die SPD-Spitze erwartet von dem am Montag beginnenden Bochumer Parteitag ein Aufbruchsignal für die Reformpolitik der Sozialdemokraten und der von ihnen geführten Bundesregierung.

"Ich glaube, dass der Parteitag Zeichen setzen wird", sagte der SPD-Vorsitzende, Bundeskanzler Gerhard Schröder, vor einer Präsidiumssitzung der Partei am Sonntag in Bochum. Zugleich rief er die Partei zur entschlossenen Umsetzung der Reformpolitik auf. "Es gibt viel zu tun. Wie heißt das so schön: Packen wir es an." Ähnlich äußerten sich auch SPD-Generalsekretär Olaf Scholz und -Fraktionschef Franz Müntefering. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse geht nach eigenen Worten davon aus, dass die etwa 500 Delegierten die Reformpolitik Schröders unterstützen werden.

Wen wird der Unmut der Basis treffen?

Auf dem bis Mittwoch dauernden Parteitag werden die Delegierten über die Reformpolitik Schröders diskutieren und die SPD-Spitze neu wählen. Erwartet wird, dass sich bei den Wahlen der Parteiführung am Montag der Unmut der Basis über den Kurs der Regierung in den Ergebnissen für Generalsekretär Scholz und den stellvertretenden SPD-Vorsitzenden, Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, niederschlagen wird. Am Sonntag wollte Schröder auf einem Europa-Parteitag der SPD reden. Dessen Delegierte wollten die Liste für die Europawahl im nächsten Jahr aufstellen.

Schröder: SPD muss in Umfragen viel aufholen

Schröder sagte, der Parteitag werde die "richtigen Schwerpunkte" für die Zukunft beschließen. Mit der von ihm im März vorgelegten Reformagenda 2010 seien die Voraussetzungen geschaffen worden, Investitionen in Bildung und Forschung freizusetzen. Der Kanzler räumte ein, dass die Partei in den Umfragen noch viel aufholen müsse.

SPD-Fraktionschef Müntefering äußerte sich zuversichtlich, dass die Sozialdemokraten in der Wählergunst wieder zulegen werden, wenn bis zum Jahresende die Gesetzgebung zur Agenda 2010 abgeschlossen sein werde. Mit Beginn des Aufschwungs im Frühjahr 2004 werde sich auch die Stimmung für die SPD in den Umfragen bessern, sagte Müntefering der "Welt am Sonntag".

Thierse: Partei mit dem Rücken zur Wand

Thierse bescheinigte seiner Partei, sie stehe mit dem Rücken an der Wand. Das habe "wenigstens den Vorteil, dass wir nicht mehr zurückweichen können", sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzenden am Sonntag im Deutschlandfunk. Die Situation der SPD sei auch deshalb so schwierig, weil sich erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik eine Regierung an einschneidende Sozialreformen wage, vor der sich vergangene Regierungen "aus Angst vor dem Wähler" immer gedrückt hätten. In der SPD habe sich der Eindruck durchgesetzt, dass man sich den Veränderungen nicht verweigern könne. Deshalb werde die Partei den Kurs Schröders unterstützen, "vielleicht nicht mit Leidenschaft, vielleicht nicht mit emotionalem Überschwang, aber doch mit viel Nüchternheit", sagte Thierse.

Auch der für den Aufbau Ost zuständige Verkehrsminister Manfred Stolpe äußerte sich zuversichtlich, dass die SPD in der Wählergunst wieder zulegen werde, wenn Schröders Reformen zu greifen begännen. "Wer auf dem Feld die Sense schwingt, der wird erst wieder geliebt, wenn es blüht", sagte Stolpe der "Leipziger Volkszeitung" (Montagausgabe). Der Kanzler und SPD-Vorsitzende sei durch niemanden zu ersetzen.

Juso-Chef: Soziale Kompetenz inzwischen bei der CDU

Juso-Chef Niels Annen zeigte sich besorgt über die Attraktivität der Partei und forderte den Beginn eines Generationswechsels an der SPD-Spitze. Annen sagte dem Bremer "Kurier am Sonntag", die soziale Kompetenz werde inzwischen mehr der CDU als der SPD zugerechnet. Das dürfe die SPD nicht zulassen. Die Mitglieder, die zur Zeit des langjährigen SPD-Chefs Willy Brandt in die Partei eingetreten seien, verließen die SPD mehr und mehr. "Das ist die Kernbelegschaft der SPD, die tief verunsichert ist."

Der niedersächsische SPD-Fraktionschef Sigmar Gabriel kündigte am Sonntag in Bochum an, der Parteitag werde auch über Studiengebühren, die Ausbildungsabgabe und die Erbschaftssteuer diskutieren. Er erneuerte sein Plädoyer für die Wiedereinführung der Vermögensteuer.