Präsidentschaftswahlen Großer Andrang an den ukrainischen Urnen

In Kiew strömen die Menschen in die Wahllokale - im Osten ist nur ein Bruchteil der Wahlstellen geöffnet. Doch die Ukrainer glauben an die Wahl, den neuen Präsidenten und die Ruhe danach.

Unter dem Schutz bewaffneter Polizisten wählen Millionen Ukrainer in der schwersten Krise des Landes einen neuen Präsidenten. In Kiew sowie im Westen des Landes mussten wegen des Andrangs viele Wähler am Sonntag längere Zeit warten, um ihre Stimme abgeben zu können. In der teilweise von militanten Separatisten kontrollierten Ostukraine öffnete nur ein Bruchteil der Wahllokale. Örtliche Medien berichteten von vereinzelten Übergriffen moskautreuer Kräfte auf Wahlstellen. Viele Einwohner der Gebiete Donezk und Lugansk trauten sich demnach nicht zur Wahl oder fanden keine Möglichkeit zur Stimmabgabe vor.

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Die Abstimmung soll bis 20 Uhr Ortszeit dauern. Bei der Wahl in der zweitgrößten Stadt Charkow im Nordosten gab es zunächst keine Zwischenfälle. Dagegen öffnete im Gebiet Donezk nur jedes sechste Wahllokal. Im benachbarten Gebiet Lugansk könne vermutlich nur in zwei von zwölf Bezirken gewählt werden, betonte eine Nichtregierungsorganisation.

Die Gebietshauptstadt Lugansk ist vollständig unter Kontrolle prorussischer Separatisten. In zwei Städten wurden zudem die Bürgermeisterwahlen abgesagt. In der Region halten moskautreue Kräfte zahlreiche Verwaltungsgebäude besetzt. Sie haben sich nach umstrittenen Referenden von Kiew losgesagt. Es kommt immer wieder zu Gefechten mit Regierungstruppen. Dabei sollen in der Nacht zum Sonntag zwei ukrainische Soldaten getötet worden sein.

Italienischer Polizist getötet

Nahe der Separatisten-Hochburg Slawjansk gerieten ausländische Reporter unter Beschuss. Dabei wurde ein italienischer Fotograf getötet.

In Kiew waren die Einwohner zugleich zur Wahl eines neuen Bürgermeisters aufgerufen. In letzten Umfragen lag Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko deutlich in Führung. Er hatte 2006 und 2008 bei der Abstimmung jeweils verloren.

Als aussichtsreichster Kandidat galt nach Umfragen der Schokoladenfabrikant Pjotr Poroschenko. Mit weitem Rückstand lag die Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko demnach auf Platz zwei. "Ich habe für die Freiheit und die Demokratie in der Ukraine gestimmt", sagte die 53-Jährige bei der Stimmabgabe in ihrer Heimatstadt Dnjepropetrowsk. Die Ukraine ist seit der Amtsenthebung und Flucht von Präsident Viktor Janukowitsch ins russische Exil Mitte Februar ohne gewählten Staatschef.

Bis zum Nachmittag gab es im Gegensatz zu früheren Wahlen keine landesweiten Angaben über den Stand der Wahlbeteiligung. Schafft keiner der insgesamt 21 Kandidaten die absolute Mehrheit, gibt es am 15. Juni eine Stichwahl.

Die Frage nach der Gültigkeit der Wahl

Die Regierung in Kiew hatte die Rekordzahl von etwa 3000 internationalen Wahlbeobachtern aus rund 20 Ländern eingeladen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kündigte an, mit etwa 1000 Experten im Einsatz zu sein, darunter nach Angaben von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier rund 100 Deutsche. Mit Verweis auf die prekäre Sicherheitslage hatte die OSZE unmittelbar vor der Wahl angekündigt, höchstwahrscheinlich keine Beobachter nach Donezk oder Lugansk zu schicken.

Regierungschef Arseni Jazenjuk zeigte sich in Kiew zuversichtlich. "Wir werden ein legal gewähltes Staatsoberhaupt bekommen", sagte der prowestliche Politiker. Die Regierung in Kiew, die EU und die USA hoffen, dass die Abstimmung die Lage in der Ukraine stabilisiert. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Samstag im Gespräch mit Vertretern internationaler Medien bekräftigt, Moskau werde das Votum respektieren, sprach aber nicht ausdrücklich von einer "Anerkennung". Das Wahlergebnis soll nach einem Parlamentsbeschluss in Kiew in jedem Fall Gültigkeit haben.

Insgesamt waren etwa 35 Millionen Menschen wahlberechtigt. Mit eingerechnet sind auch die Einwohner der Schwarzmeerhalbinsel Krim, die Russland sich gegen internationalen Protest eingegliedert hatte. Krim-Bewohner können ihre Stimme aber nur auf dem Festland abgeben. In den von Separatisten teilweise kontrollierten östlichen Gebieten leben etwa 6,5 Millionen Menschen.

DPA
stb/DPA