PRESSESCHAU 05.04.: Spannungen zwischen China und USA

Die europäische Presse kommentiert die diplomatischen Verwicklungen zwischen China und den USA und die Proteste des größten russischen Privatsenders NTW gegen die Übernahme durch den Erdgasmonopolisten Gasprom.

»de Volkskrant«: Vorbote für bedrohliche Entwicklungen?

Zum Streit zwischen den USA und China über das amerikanische Spionageflugzeug meint die niederländische sozialdemokratisch orientierte »Volkskrant« am Donnerstag: »Die in dieser Woche stark gestiegenen Spannungen können ein Vorbote für bedrohliche Entwicklungen sein. ... Auf beiden Seiten herrscht das Misstrauen vor. China unterstellt Amerika Hegemonie-Absichten. Von Bush ist bekannt, dass er weniger Rücksicht auf chinesische Empfindlichkeiten nehmen will als sein Vorgänger Clinton. Hier ist eine Deeskalation erforderlich, gerade auch weil Asien im Vergleich mit Europa ein ziemlich «altmodischer» Kontinent ist. Möglichkeiten zur Zusammenarbeit wie etwa im Rahmen der NATO oder mit der Europäischen Union gibt es dort nicht. Aber es lagert dort viel Zündstoff.«

»Tages-Anzeiger«: Bushs scharfe Töne irritieren

Zu den diplomatischen Verwicklungen zwischen den USA und China schreibt der in Zürich erscheinende »Tages-Anzeiger« am Donnerstag: »Irritierend ist nicht die Affäre selbst, sondern der scharfe Ton. ... Der unverblümte Ton legt die mangelnde Erfahrung des Präsidenten offen, eine Tatsache, der sich Bush vor seinem Amtsantritt bewusst war. ... Wer die wiederholten unvorsichtigen Äußerungen des unerfahrenen Präsidenten hört, der wird sich fragen, was denn eigentlich der Anteil seines Beraterteams ist am Geschirr, das im Weißen Haus zerschlagen wird.«

»The Guardian«: Bush pokert

Zu den Spannungen zwischen China und den USA schreibt am Donnerstag die britische Zeitung »The Guardian« (London): »China läuft nun deutlich Gefahr, die Sache zu überreizen. Es wäre gut beraten, sich zu mäßigen. Die Pekinger Tricks und Finten mögen gut sein für diplomatische Schachzüge. Aber die Regierung sollte sich klarmachen, dass man in der Heimat von Mr. Bush Poker vorzieht. Da unten in Texas erhöht man die Einsätze immer weiter, bis schließlich einer nicht mehr mithalten kann.«

»Wremja MN«: Beim NTW-Streit geht es um Geld

Die russische Tageszeitung »Wremja MN« (Moskau) kommentiert am Donnerstag die Proteste des größten privaten Fernsehsenders NTW gegen die Übernahme durch den halbstaatlichen Erdgasmonopolisten Gasprom: »Bislang hat es nicht eine Einschränkung der Pressefreiheit von NTW-Journalisten gegeben. Darüber wird nur im Futur und im Konjunktiv geredet. Die NTW-Berichterstattung haben die Journalisten des Fernsehkanals selbst unterbrochen. Doch unter den Zuschauern gibt es nicht nur Anhänger des (bisherigen Chefredakteurs) Jewgeni Kisseljow, sondern auch Serien-Liebhaber, Fußballfans, Hausfrauen und andere. Die NTW-Mitarbeiter möchten ihre Angelegenheit als Konflikt zwischen Staatsmacht und freiem Massenmedium darstellen. Opfer im Kampf für die Ideale der Demokratie zu werden, ist die eine Seite. Marionette in den Intrigen der Oligarchen zu sein, die andere. Die Journalisten von NTW verdienen unser Mitleid. Die russische Marktwirtschaft, und darin auch der Mediensektor, ist noch weit von zivilen Normen entfernt.«