US-Präsident Donald Trump schlägt gegenüber der Ukraine einen scharfen Ton an. Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete er als "Diktator ohne Wahlen", der nicht demokratisch legitimiert sei. Selenskyj solle "sich besser beeilen, oder er wird kein Land mehr haben". Zudem hatte Trump faktisch Selenskyj für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verantwortlich gemacht.
Ganz anders klingen seine Äußerungen über Russland, das Trump bei Verhandlungen zum Kriegsende im Vorteil sieht. In einem abrupten Politikwechsel seit seinem Amtsantritt hat Trump Gespräche mit Moskau über eine Beendigung der Kämpfe aufgenommen, Europa und die Ukraine dabei jedoch ausgeschlossen. Trumps Äußerungen sorgen international für Empörung – nicht nur in der Politik, auch in den Medien.
So kommentiert die Presse Donald Trumps Anschuldigungen
"Dagens Nyheter" (Schweden): "Ist eine Desinformationskampagne jemals so erfolgreich wie jüngst die russische? Propagandaminister anderer Zeiten wären neidisch gewesen. Die russischen Erfolge erreichten am Mittwoch ihren Höhepunkt, als Donald Trump die russischen Lügen mehr oder weniger wörtlich wiederholte. (...) Als Selenskyj Trump entgegnete, dieser habe die russische Desinformation geschluckt, eilte der US-Vizepräsident herbei, um zu warnen: Wer schlecht über Trump rede, werde bestraft. Also derselbe J.D. Vance, der – bevor er dem Präsidenten loyal wurde – Trump als Amerikas eigenen Hitler bezeichnet haben soll. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass es auch deutliche Unterschiede gibt: Hitlers Propagandaminister war Deutscher. Putins ist der amerikanische Präsident."
"The Independent" (Großbritannien): "Präsident Wolodymyr Selenskyj ist durch die radikalen Veränderungen in der US-Politik seit der Rückkehr von Donald Trump ebenso irritiert wie alle anderen. Doch er hat durch den Verlust des amerikanischen Wohlwollens weitaus mehr zu verlieren. Vielleicht wäre es klüger gewesen, wenn er sich zurückgehalten hätte. Denn Trump mag es nicht, wenn seine Einschätzungen infrage gestellt werden. Aber der bedrängte ukrainische Staatschef hat völlig recht, was die Gedanken des US-Präsidenten angeht. Trumps abfällige Äußerungen über Selenskyj und sein Land hätten durchaus aus dem Munde von Wladimir Putin selbst kommen können."
"Nepszava" (Ungarn): "Was will Trump? Weiß er es eigentlich selbst? Hat er irgendetwas mit den Russen vereinbart? Man kann es nicht wissen. So viel ist aber sichtbar, dass der Konflikt (zwischen Russland und der Ukraine) eine dramatische Wende nehmen könnte, wenn Trump die Ukraine und Europa von den 'Friedensverhandlungen' ausschließt. Trump kann Selenskyj offensichtlich nicht ausstehen, und es ist vorstellbar, dass sich der ukrainische Präsident mit der Zeit zum Rücktritt gezwungen sieht. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass Trumps weltpolitisches Hasardspiel die gesamte europäische Sicherheitsordnung in Gefahr bringt."
"Die größte Schande für die USA seit 1945"
"De Volkskraant" (Niederlande): "Trump scheint den demokratischen Verbündeten Ukraine im Stich zu lassen und auf Russland zu setzen, eine Diktatur, die mit dem Angriff auf die Ukraine die UN-Charta verletzt hat. Obendrein machte Trump deutlich, dass er keinen moralischen Kompass hat und sich nicht um die internationale Rechtsstaatlichkeit schert. Dies ist nicht nur für die Ukraine beängstigend, sondern auch für Europa, das sich in den letzten 80 Jahren auf den militärischen Schutz der USA verlassen hat. Unter Trump wandelt sich Amerika nun rasch vom Verbündeten zum Gegner, vielleicht sogar zu einem Feind."
"Washington Post" (USA): "Der zukünftigen Glaubwürdigkeit der USA als verlässlicher Partner in der Welt könnte nachhaltiger Schaden zugefügt werden. Die Ukrainer sollten frei darüber entscheiden dürfen, ob sie eine Nato-Mitgliedschaft beantragen wollen, und nicht an einen russischen Einflussbereich übergeben werden. Alle wollen, dass dieser zehrende Krieg beendet wird, und Trump verfolgt zu Recht ein Abkommen. Aber die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine zu opfern, mit dem Ziel, die Verbindungen mit dem Kreml zu verbessern, ist nicht der richtige Weg, um einen gerechten oder dauerhaften Frieden zu erreichen."

"Der Standard" (Österreich): "Der Ukraine droht nicht ein Diktatfrieden, sondern die Vernichtung als souveräner Staat. Kann das in Trumps Sinne sein? Offenbar ja. Putin hat in Trump einen neuen mächtigen Verbündeten gefunden, vielleicht sogar eine Marionette. Ihr gemeinsamer Feind ist das liberale Europa, das nun von zwei Seiten bedroht wird – und angesichts der Stärke rechtsextremer Parteien auch von innen. 80 Jahre US-Weltpolitik werden mit einem Schlag über Bord geworfen. Für Europa ist es die größte Herausforderung seit 1945 – für die USA die größte Schande."
"Sydney Morning Herald" (Australien): "Donald Trumps rachsüchtiger und persönlicher Angriff auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zeigt uns, dass der US-Präsident die Propaganda des russischen Autokraten Wladimir Putin nun vollständig übernommen hat – ein bedeutender und beängstigender Moment in der Weltpolitik. Die Tirade deutet auch darauf hin, dass Trump sich für eine Seite entschieden hat. Wir haben also jetzt einen US-Präsidenten, der offen um einen russischen Autokraten wirbt, in dem er viel von sich selbst zu sehen scheint, während die Position der USA als Freund Europas, westlicher Verbündeter und Demokratien plötzlich auf dem Kopf steht."