Nach dem kräftigen Rabatt von 30 Prozent für Gaslieferungen an die Ukraine bereitet Russland einen Zugriff auf das strategisch wichtige Pipelinenetz des Nachbarlandes vor. Die Energieministerien beider Länder würden bald ein gemeinsames Konzept zur Modernisierung der Leitungen vorlegen, durch die russisches Gas in die Europäische Union strömt. Das sagte Moskaus Energieminister Sergej Schmatko am Donnerstag nach Angaben der Agentur Interfax. Der pro-russische ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hatte nach seiner Wahl im Februar grünes Licht für Moskaus Beteiligung gegeben. Sein Vorgänger Viktor Juschtschenko hatte dies strikt abgelehnt.
Beide Länder hätten bereits ein Konsortium zur Modernisierung des Netzes gegründet, sagte Schmatko. Die Opposition in Kiew lehnt die Beteiligung Russlands als Ausverkauf der ukrainischen Interessen ab. Die Ex-Sowjetrepublik ist fast bankrott und kann die schätzungsweise 5,5 Milliarden Euro teure Modernisierung nicht allein finanzieren. Neben Russland ist die EU als Geldgeber im Gespräch. Für den Westen ist die Ukraine das wichtigste Transitland für russische Energielieferungen. Ein Viertel des in der EU verbrauchten Gases kommt aus Russland, davon strömen 80 Prozent durch die Ukraine.
Statt einer Modernisierung sei auch die Verlegung neuer Rohre denkbar, sagte Janukowitsch in Kiew. Die Ukraine müsse mit Russland zusammenarbeiten, sonst pumpe Moskau sein Gas künftig an dem Land vorbei. "Die Nord-Stream-Pipeline durch die Ostsee wird ja bereits gebaut", sagte Janukowitsch. Nun gehe es darum, Russland eine Alternative zur South-Stream-Leitung durch das Schwarze Meer anzubieten. Das russisch-italienische Projekt sieht den Transit von Gas nach Westen über den Balkan und unter Umgehung der Ukraine vor.
Janukowitsch und Kremlchef Dmitri Medwedew hatten am Vortag in der ukrainischen Stadt Charkow einen Neustart in den lange gestörten Beziehungen vereinbart. So erhält Kiew durch Nachbesserungen an den Gasverträgen einen Rabatt von 30 Milliarden Euro, umgelegt auf die nächsten 10 Jahre. Bedingung dafür ist, dass die russische Schwarzmeerflotte mindestens bis 2042 auf der ukrainischen Halbinsel Krim stationiert bleiben darf. Der russische Energiekonzern Gazprom komme durch die Preisminderung nicht zu Schaden, sagte Moskaus Regierungschef Wladimir Putin. Der Nachlass werde über den Wegfall von Zöllen finanziert und gehe damit zulasten des Staatshaushalts.