Radovan Karadzic bleibt dabei: Die USA hätten ihm 1996 versprochen, er werde nicht an das UN-Kriegsverbrechertribunal ausgeliefert, wenn er sich völlig aus der Öffentlichkeit zurückziehe. Der ehemalige bosnische Serbenführer bekräftigte diese schon mehrfach vorgebrachte Behauptung einen Tag nach seinem ersten Auftritt vor dem Tribunal. Das Gericht veröffentlichte seine Ausführungen als offizielle Eingabe des Angeklagten.
Das Versprechen auf Straffreiheit habe ihm der damalige US-Unterhändler Richard Holbrooke gegeben, schrieb Karadzic. Holbrooke selbst und andere US-Politiker haben die Behauptungen über eine geheime Vereinbarung mit Karadzic, der damals bereits wegen Völkermordes angeklagt war, stets dementiert. Holbrooke sagte im US-Sender CNN: "Das ist eine vollständig falsche Aussage." Auch der heutige schwedische Außenminister Carl Bildt, der damals für die internationale Gemeinschaft in Bosnien vermittelte, dementierte.
Karadzic als Blockierer
Holbrooke gilt als Architekt des Friedensabkommens von Dayton, mit dem der Bürgerkrieg in Bosnien nach drei Jahren 1995 beendet wurde. Ein Jahr später verhandelte er wieder - auch mit Karadzic - um das Abkommen mit Leben zu erfüllen. Für ihn war Karadzic der größte Blockierer. "Ich habe mit Karadzic damals ein hartes Geschäft ausgehandelt", sagte Holbrooke jetzt. "Als er dann verschwand, hat er noch die Falschinformation verbreitet, dass er nach einer Absprache mit mir nicht verfolgt würde." Holbrooke hat später wiederholt kritisiert, dass - auch von internationaler Seite - keine ausreichenden Anstrengungen unternommen würden, Karadzic zu verhaften.
Karadzic wiederholt in seiner Eingabe auch die - ebenfalls nicht neue - Behauptung, die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright habe vorgeschlagen, er könne ins Exil gehen. Auch Albright, die dies in einem Gespräch mit Karadzics Nachfolgerin und Rivalin Biljana Plavsic gesagt haben soll, hat längst dementiert. Karadzic behauptet weiter, er sei damals sogar bereit gewesen, sich dem UN-Tribunal zu stellen. Dann hätten Mitarbeiter des Gerichts aber unter Vorwänden offizielle Archive der bosnischen Serben durchwühlt. Er habe deshalb keinen fairen Prozess mehr erwarten können.
Karadzic hatte seine Version schon bei der ersten Anhörung vor dem Tribunal darlegen wollen. Richter Alphons Orie forderte ihn jedoch auf, das schriftlich vorzulegen und mit Fakten zu untermauern. Karadzic, der keinen Anwalt will, müsse auch darlegen, welche Auswirkungen seine Behauptungen für das Verfahren haben sollten. Der nächste Sitzungstermin ist am 29. August.