Russland hat von den Europäern gefordert, die Stationierung eines US-Raketenabwehrsystems auf ihrem Gebiet zu verhindern. Außenminister Sergej Lawrow warnte in einem Gastkommentar der "Financial Times Deutschland", jedes einseitige Projekt dieser Art würde die geostrategische Situation auf dem Kontinent verändern. Es könnten sich neue Trennlinien bilden. Zudem würde eine Stationierung die multinationalen Organisationen abwerten, die noch vor kurzem als die Stützpfeiler der europäischen Sicherheit bezeichnet worden seien. Dazu gehörten die Nato und die Europäische Union.
Lawrow zweifelt an Bedrohung
Lawrow bezweifelt, dass Europa und die USA durch feindliche Raketen bedroht sind: "Keiner der so genannten Schurkenstaaten besitzt Raketen, die Europa ernsthaft gefährden können." Der Bau von Raketen, mit denen die USA getroffen werden könnten, sei technologisch sogar noch schwieriger. Der russische Außenminister sprach von "Hirngespinsten", die die Friedensbemühungen Russlands, der EU und der USA im Nahen und Mittleren Osten zu erschweren drohten.
Die US-Pläne, in Polen und Tschechien Teile eines Systems gegen Raketenangriffe etwa aus dem Iran zu bauen, sorgen seit Wochen für internationalen Streit. Russland hat gegen das Vorhaben protestiert und die Sorge geäußert, die Abschussbasen könnten auch für einen Angriff auf Russland genutzt werden. Die USA sprechen von einem defensiven System.
Irans Uran-Anreicherung sorgt für Diskussionen
Die iranische Ankündigung, Uran-Anreicherung künftig in industriellem Maßstab betreiben zu wollen, hat in Deutschland die Diskussion um das umstrittene amerikanische Raketenabwehrsystem angeheizt. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Walter Kolbow sagte er "Berliner Zeitung", es sei falsch, nun die Schlussfolgerung zu ziehen, dass das umstrittene US-Raketenabwehrsystem installiert werden müsse. Zwar habe der Iran einen Schritt in die falsche Richtung getan. Es sei aber noch die Stunde der Diplomatie. Dagegen sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses Ruprecht Polenz (CDU) der "Bild"-Zeitung, die Frage einer gemeinsamen Abwehr gehöre auf die Tagesordnung der NATO.
Der Orientexperte Peter Scholl-Latour schloss angesichts der Atom-Erklärung Teherans einen US-Angriff auf den Iran nicht aus: "Im Zuge der Bekämpfung des weltweiten Terrorismus kann US-Präsident Bush die Atomanlagen des Irans bombardieren lassen", sagte Scholl-Latour dem "Münchner Merkur". Scholl-Latour warnte jedoch eindringlich vor den Folgen eines Angriffs: "Wenn dieser Konflikt käme, wäre dies eine absolute Katastrophe". Beispielsweise könne es zu Angriffen von Selbstmord-Kommandos auf Tanker in der Straße von Hormus kommen.