Konservative Vertreter haben US-Präsident George W. Bush für seine Kandidatin für einen Sitz im Obersten Gericht des Landes scharf kritisiert. Damit wenden sich nun Teile von Bushs eigener Unterstützergemeinde des Wahlkampfs 2004 gegen den amerikanischen Präsidenten.
Bushs Entscheidung für seine Beraterin Harriet Miers könne den regierenden Republikanern bei den Wahlen im kommenden Jahr schaden, sagte Manuel Miranda, Vorsitzender eines konservativen Bündnisses, das sich mit juristischen Fragen befasst. Der Präsident habe mit der Entscheidung sein Wahlkampf-Versprechen gebrochen, frei werdende Sitze im mächtigsten Richtergremium der USA mit Konservativen zu besetzen. "Das wird die Begeisterung dämpfen - so wie es damals unter dem Vater des Präsidenten geschah, als er sein Versprechen, nicht mehr Steuern zu erheben, gebrochen hat", sagte Miranda.
Bushs "Pitbull-Terrier"
"Sie ist ein Pitbull-Terrier mit Schuhgröße 36", sagte Bush nach Medienberichten vor neun Jahren bei einer Preisverleihung über die Juristin Miers. Jetzt war er zurückhaltender: "Sie hat ihr Leben dem Gesetz und der Gerechtigkeit verschrieben", sagte er im Weißen Haus über die unverheiratete Juristin. "Ich habe immer großen Respekt und Bewunderung für die Genies gehabt, die unsere Verfassung inspiriert haben", sagte Miers.
Obwohl Miers nicht als stramme Konservative gilt, dürfte Bush die politische Ausrichtung des Obersten Gerichts mit ihrer Nominierung nach rechts rücken. Miers soll Sandra Day O'Connor ersetzen, die bei vielen Urteilen die entscheidende Stimme abgab und teils mit den liberalen, teils mit den konservativen Kollegen stimmte.
Rechte Kreise und ihr Machtanspruch
Rechte Kreise haben viel zur Wiederwahl Bushs im vergangenen Jahr beigetragen und sich von ihm einen strikt konservativen Kurs versprochen. Nun geht bei ihnen die Angst um. Die Berufung von Miers sei "Verrat an den konservativen Wählern", sagte Eugene Delgaudio, Chef der religiös-konservativen Organisation Public Advocate.
Auch andere konservative Vertreter warfen Bush vor, mit der Nominierung vor allem einem Konflikt im US-Senat aus dem Weg gegangen zu sein. Dieser Eindruck dränge sich geradezu auf, stellte William Kristol vom konservativen Wochenmagazin "Standard" fest. Die Nominierung enttäusche ihn und lasse ihn niedergeschlagen und demoralisiert zurück, sagte Kristol.
Bush hat mit der 60-jährigen Miers eine enge Vertraute nominiert, die bislang nicht als Richterin gearbeitet hat. Ihre Ansichten zu zentralen Fragen wie Abtreibung oder der Auslegung der Verfassung sind praktisch unbekannt. Konservative werfen ihr vor, auch die Demokraten mit Wahlkampfspenden unterstützt zu haben. Das Weiße Haus betonte, dass immer wieder Juristen für den Gerichtshof nominiert worden sind, die keine Richter waren, darunter William Rehnquist, der 1972 berufen wurde und Chefrichter wurde. Er starb Anfang September. John Roberts beerbete ihn in seiner Rolle als Vorsitzender des Gerichts.
Die Demokraten zeigten sich reserviert über Miers. "Wir müssen eine ganze Menge mehr über ihre juristische Philosophie wissen", sagte Senator Chuck Schumer. Miers muss vom Senat bestätigt werden. George Bush braucht die Zustimmung des Senats außerdem zu seinen politischen Initiativen, sei es eine Steuersenkung oder das Budget für den Irak-Einsatz. In dem Gremium sind auch die oppositionellen Demokraten stark vertreten, so dass jeder lange und harte Konflikt über die Ernennung eines Obersten Richters auch Folgen für andere Debatten haben kann.