Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat Vorwürfe der Bundesregierung zurückgewiesen, Moskau nutze Berichte über eine angebliche Vergewaltigung in Berlin zur "politischen Propaganda". "Wir mischen uns nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten ein", sagte Lawrow am Donnerstag in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat. In dem Fall gehe es um Menschenrechte.
"Unsere deutschen Freunde kommentieren - wesentlich häufiger als wir - verschiedene Aspekte des gesellschaftlichen Lebens in Russland, und das nicht nur auf dem Gebiet der Menschenrechte, sondern auch auf anderen Gebieten", sagte er der Agentur Interfax zufolge.
Russland beklagt, zu spät informiert worden zu sein
Lawrow kritisierte erneut, es gebe nicht ausreichend Transparenz. Nach "allen Regeln der zivilisierten Welt" hätte Russland rechtzeitig über den Zwischenfall informiert werden müssen. Erste Hinweise habe Moskau aber nicht von deutschen Behörden, sondern von der "russischsprachigen Gemeinde" in Deutschland erhalten. "Genau deshalb ist diese Situation entstanden (...) Da es sich um eine Bürgerin der Russischen Föderation handelt, können wir nicht einfach das Ende der Untersuchung abwarten", betonte er.
"Wenn die zuständigen Behörden in der Bundesrepublik die notwendigen Informationen gewähren, wird es weniger Missverständnisse geben, davon bin ich überzeugt", meinte Lawrow. Je schneller Russland über "solch ernste Situationen" seiner Bürger verständigt werde, umso besser für die bilateralen Beziehungen. "Dann werden bei niemandem mehr Fragen entstehen, was Propaganda oder Einmischung in innere Angelegenheiten ist", sagte Russlands Chefdiplomat.
Wirbel um angebliche Vergewaltigung
Am Mittwoch hatte die Bundesregierung Russland davor gewarnt, den Fall des angeblich vergewaltigten deutsch-russischen Mädchens in Berlin für politische Zwecke zu nutzen. Zuvor hatte Lawrow erklärt, während des Verschwindens der 13-Jährigen habe die deutsche Polizei Informationen "sehr lange vertuscht".
Das Mädchen hatte Medienberichten zufolge angegeben, drei "südländisch" aussehende Männer hätten es am 11. Januar in Berlin entführt. Sie sei in eine Wohnung verschleppt und dort vergewaltigt und misshandelt worden. Die Berliner Polizei hatte nach Befragung des Mädchens erklärt, es habe weder eine Entführung noch eine Vergewaltigung gegeben. Ermittelt werde dennoch wegen Kindesmissbrauchs. Zwei Männer stünden im Verdacht, in der Zeit vor der angeblichen Entführung einvernehmlichen Sex mit der 13-Jährigen. gehabt zu haben.
Die Angehörigen des Mädchens bestritten die Darstellung und warfen der Polizei vor, sie habe Druck auf die 13-Jährige ausgeübt, damit sie ihre ursprüngliche Aussage ändere. In mehreren Städten gab es wegen des Falls Kundgebungen unter Beteiligung von russischstämmigen Demonstranten und Rechtspopulisten.