Saddam-Prozess Ein Ex-Tyrann verbreitet Angst

In Bagdad hat der Prozess gegen Saddam Hussein begonnen. Weil Anschläge von Saddam-Anhängern befürchtet werden, ist die Sicherheitslage in der irakischen Hauptstadt angespannt.

Vor dem Prozess gegen den ehemaligen irakischen Präsidenten Saddam Hussein haben Sicherheitskräfte in Bagdad weite Teile der Innenstadt abgesperrt. Rund um das Regierungsviertel, die so genannte "Grüne Zone", in der das Sondertribunal tagen wird, wurde gesperrt. Augenzeugen berichteten, dass weder Fahrzeuge noch Fußgänger die Eingänge zur "Grünen Zone" passieren konnten. Hubschrauber kreisten in der Luft über dem Gebiet. Aus Sicherheitsgründen wurde die genaue Uhrzeit des Prozessbeginns nicht genannt.

Die massiven Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen, um von Saddam-Anhängern angedrohte Anschläge zu verhindern. Zweieinhalb Jahre nach seiner Festnahme steht Saddam mit sieben Mithelfern wegen eines Massakers in einem schiitischen Dorf im Jahr 1982 vor Gericht. Der Fall gilt als verhältnismäßig gut dokumentiert und wurde deshalb als erste Anklage ausgewählt. Bei einer Verurteilung droht Saddam die Todesstrafe. Neuen Statuten des Sondergerichts zufolge müsste der 68-Jährige dann innerhalb von 30 Tagen hingerichtet werden.

Lebensgefahr für die Richter

Erst kurz vor Beginn seiner Sitzung gab das Tribunal den Vorsitzenden Richter für das erste Verfahren gegen den gestürzten Diktator bekannt. Es handelte sich um den kurdischen Richter Risgar Mohammed Amin aus der nordirakischen Stadt Suleimanija. Amin stehen vier weitere Richter zur Seite. Die Namen der Richter waren bislang geheim gehalten worden, um ihr Leben nicht zu gefährden.

Saddam hat die kurdische Minderheit im Land jahrzehntelang verfolgt und mit brutaler Gewalt unterdrückt. Im ersten Verfahren gegen ihn steht aber ein Massaker an Schiiten zur Verhandlung an, das er und seine Mitangeklagten 1982 angeordnet und begangen haben sollen.

Demonstrationen für und gegen Saddam

In der Kleinstadt Dedscheel demonstrierten kurz vor Beginn des Prozesses Dutzende von Angehörigen der Opfer des Saddam-Regimes. Sie riefen vor den Kameras der arabischen Fernsehsender: "Es gibt keinen Gott außer Gott" und "Todesstrafe für Saddam". Anhänger Saddam Husseins demonstrierten in dessen Heimatstadt Tikrit gegen den Prozess. Sie versammelten sich vor einer Moschee und riefen: "Saddam Hussein ist der rechtmäßige Präsident des Irak".

Beobachter gingen am Morgen davon aus, dass Saddam und seine Mitangeklagten bereits per Hubschrauber aus ihrem Gefängnis in den ehemaligen Präsidentenpalast gebracht worden waren. Dort war für das Tribunal ein Gerichtssaal ausgebaut worden.

Prozessvertagung um Monate möglich

Vertreter aus dem direkten Umfeld des Tribunals sagten, das Verfahren werde möglicherweise innerhalb weniger Stunden auf Wochen oder Monate vertagt, damit die fünf, teilweise in Großbritannien geschulten Richter, die angekündigten Anträge der Verteidigung prüfen könnten. Saddams Anwälte wollen mehr Zeit erhalten, um die 800 Seiten umfassenden Akten zu studieren. Zudem kündigten sie ein Dossier an, dass zeigen soll, dass das Gericht keine Zuständigkeit für den Ex-Präsidenten habe und illegal sei.

Von Saddam werde am ersten Sitzungstag vermutlich nichts weiter zu hören sein, als dass er bei der Verlesung der Anklage seinen Namen zu bestätigen habe, hieß es im Umfeld des Tribunals weiter. Bei einer Anhörung im Juli vergangenen Jahres antwortete er auf die Frage nach seinem Beruf "Präsident des Iraks".

Menschenrechtsgruppen kritisieren "Sieger-Justiz"

Der Auftakt des Verfahrens wird voraussichtlich mit zeitlicher Verzögerung im Fernsehen übertragen. Damit soll nicht nur der Moment dokumentiert werden, in dem Saddam auf der Anklagebank Platz nimmt. Die Welt soll auch miterleben können, ob der Irak dem gestürzten Diktator unter seiner neuen Führung einen fairen Prozess macht.

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Reuters/DPA