Bei Angriffen der Islamisten-Gruppe El Kaida auf Wohnquartiere im Zentrum der Ölindustrie Saudi-Arabiens sind mindestens 16 Menschen getötet worden, darunter sieben Ausländer.
Bei dem Anschlag in der Ölstadt Chobar im Osten des Landes nahmen Extremisten auch mehrere Geiseln und flohen, wie es am Samstag in Sicherheitskreisen weiter hieß. Einem Augenzeugen zufolge stürmten Sicherheitskräfte später das Wohnquartier und verfolgten vier Angreifer. Der Anschlag war bereits der dritten Angriff auf Ausländer in dem Königreich in knapp einem Monat. "Das zielt eindeutig auf den Ölsektor", sagte ein westlicher Manager in Riad. Saudi-Arabien ist der größte Erdölexporteur der Welt. El Kaida bekannte sich im Internet zu dem Angriff. Die von dem gebürtigen Saudi-Araber Osama bin Laden gegründete Gruppe hatte am Donnerstag zu einem Guerilla-Krieg in den Städten des Königreiches aufgerufen.
Mindestens neun zivile Opfer
Unter den Toten seien mindestens neun Zivilisten, sieben davon Ausländer, hieß es in Sicherheitskreisen. Zudem seien sieben Mitglieder der Sicherheitskräfte ums Leben gekommen. Unter den Getöteten seien ein Amerikaner, ein Brite, ein Ägypter, zwei Philippiner, ein Inder, ein Pakistaner und zwei einheimische Zivilisten.
Vier bewaffnete Angreifer seien in die Wohnquartiere eingedrungen, in dem sich Ausländer aufhielten, teilte das Innenministerium mit. Dort hätten die flüchtigen Täter eine nicht bekannte Zahl von Geiseln genommen. "Bewaffnete Männer sind noch immer auf freiem Fuß", sagte ein westlicher Diplomat de Nachrichtenagentur Reuters. "Niemand kann die endgültige Zahl der Toten nennen", fügte er hinzu.
Leiche durch die Straßen geschleift
Die US-Botschaft in Riad bestätigte, dass bei dem Angriff auch ein Amerikaner getötet wurde. "Es können mehr sein, aber wir wissen es bisher nicht", sagte ein Sprecher der Botschaft. Augenzeugen zufolge wurde ein Toter durch die Straßen geschleift, offenbar von den Extremisten. Das Auswärtige Amt in Berlin teilte mit, nach bisherigen Erkenntnissen seien keine Deutschen betroffen.
Das ölreiche Saudi-Arabien ist ein enger Verbündeter der USA. Kronprinz Abdullah hatte erst kürzlich angekündigt, die islamistischen Extremisten notfalls Jahrzehnte lang zu jagen. Das Königreich hatte erst vor wenigen Tagen seine Bereitschaft bekundet, seine Ölförderung um zehn Prozent zu steigern, um die zuletzt auf Rekordniveau gestiegenen Ölpreise zu senken. Die Ölminister der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) wollen am 3. Juni in Beirut über die die künftige Förder- und Exportpolitik des Kartells beraten. Die Ölmärkte befürchten seit langem, durch Anschläge auf die Ölindustrie Saudi-Arabiens könnten die Öllieferungen des wichtigsten Opec-Ölexporteurs unterbrochen werden.
Täter in Militäruniformen
In den Sicherheitskreisen hieß es, zuerst hätten die Angreifer das Feuer im Petroleum Centre eröffnet, in dem führende westliche Ölfirmen ihre Büros haben. Dann hätten sie drei Komplexe angegriffen, in denen Wartungsfirmen und Wohnungen Beschäftigter untergebracht sind.
Augenzeugen berichteten, zwei Fahrzeuge mit militärischen Kennzeichen seien zu einem der Komplexe gefahren; dort seien ein neunjähriges Kind und ein Ägypter erschossen worden. Dann seien die Attentäter in Militäruniformen in ein anderes Gebäude eingedrungen. In einem der Komplexe wohnen Angestellte des britisch-niederländische Energiekonzerns Shell, des US-Computerkonzerns Honeywell und des US-Mischkonzerns General Electric. In einem anderen Quartier sind Beschäftigte des französischen Ölkonzerns Total und des russischen Ölkonzerns Lukoil untergebracht. Der libanesische Botschafter in Saudi-Arabien sagte Reuters, fünf als Geiseln festgehaltene Libanesen seien freigelassen worden.
El Kaida bekannte sich zu dem Überfall
Auf einer radikal-islamischen Internet-Seite bekannte sich die El Kaida zu dem Überfall. "Mit der Gnade Gottes hat heute ein Kommando unserer heldenhaften Mudschahedin amerikanische Unternehmen gestürmt, ... die auf Öl spezialisiert sind und die Moslems ihres Reichtums berauben", heißt es in der Stellungnahme, die mit "El Kaida-Netz auf der Arabischen Halbinsel" unterzeichnet war. Auf der Internet-Seite waren bereits mehrfach Bekennerschreiben veröffentlicht worden, die El Kaida zugeschrieben werden.
Der El-Kaida-Anführer Abdulasis el Mukrin hatte in dieser Woche auf mehreren Internet-Seiten zu einem Guerilla-Krieg in Saudi-Arabien aufgerufen. Er hatte sich auch zu dem Anschlag auf ein europäisches Ölunternehmen in der Hafenstadt Janbu am Roten Meer bekannt, bei dem zwei US-Bürger, zwei Briten und ein Australier getötet worden waren. In der vergangenen Woche war in der Hauptstadt Riad ein Deutscher erschossen worden.