Sicherheitsnetz Die Paranoia des Präsidenten

Beim Taktieren vor einem möglichen Krieg baut der irakische Staatschef auf einen äußerst komplexen Sicherheitsapparat. Ohne ihn könnte sein Regime selbst geringem Widerstand vermutlich kaum stand halten.

An der Spitze stehen ebenso wie bei den Streitkräften ausschließlich enge Vertraute und Verwandte Saddam Husseins. Ihre Hauptaufgabe in Friedenszeiten besteht in der akribischen Beobachtung jeglicher politischer Aktivität im Land und der Niederschlagung von Aufständen. Außerdem sammeln sie Geheimdienstinformationen über das Ausland. Das Netzwerk arbeitet effizient, wie US-Experten bescheinigen - allerdings verzetteln sich die konkurrierenden Stellen immer wieder im Wettbewerb miteinander und bespitzeln sich oft gegenseitig.

Die ausgeklügelte Struktur des Apparats spiegelt Saddam Husseins unbedingten Willen zur Machterhaltung wider, sagt ein ehemaliger Agent des US-Geheimdienstes CIA, Jerrold Post, der inzwischen an der George-Washington-Universität lehrt. "Er ist sehr gründlich, was die innere Sicherheit angeht. Unter jedem Sicherheitsnetz verbirgt sich ein weiteres."

Reguläre Streitkräfte nur "bedingt loyal"

Amerikanische Experten stellen sich Irak als eine Fläche vor, die von konzentrischen Ringen militärischer Kräfte rund um die Hauptstadt Bagdad geschützt wird. Auf dem äußeren Ring stehen die regulären irakischen Streitkräfte: 17 Divisionen aus Infanterie, Panzern und Artillerie mit jeweils rund 10.000 Soldaten. Diese sind nach Einschätzung amerikanischer Verteidigungs- und Geheimdienstexperten nur bedingt loyal gegenüber Saddam Hussein und könnten sich im Fall einer Invasion bald ergeben.

Der mittlere Ring wird nach US-Informationen von sechs verbliebenen Einheiten der Republikanischen Garde geschützt, einer Elitetruppe. Die etwa 50.000 Soldaten sind besser ausgebildet und ausgerüstet als die reguläre Armee. Allerdings stammt auch ihre Ausstattung mindestens aus Zeiten des Golfkriegs 1991. Vier Divisionen umschließen Bagdad, die beiden anderen sind im Norden des Landes stationiert.

"Nicht gut, aber zäh"

"Sie sind nicht besonders gut, aber sie sind zäh", sagt der Militäranalyst Michael O’Hanlon über die Soldaten der Republikanischen Garde. Dass sie sich gegen Saddam Hussein wenden könnten, hält der Experte vom Washingtoner Brookings-Institut für unwahrscheinlich.

Bagdad selbst wird schließlich von mehrere Sicherheitsbehörden geschützt, die auch im gesamten Land Vertretungen haben. In ihrem Zentrum steht die so genannte Spezielle Sicherheitsorganisation, die sämtliche irakischen Geheimdienststellen und Einrichtungen der inneren Sicherheit überwacht. Wichtiges Ziel der Angriffe ist daneben eine paramilitärische Eliteeinheit, die das Stadtzentrum mit den Präsidentenpalästen sichert.

Besonderer Schutz für Saddam

Besonderen Schutz beansprucht Saddam Hussein für seine Person. Dafür sind verschiedene Zirkel aus Verwandten in seiner Heimatstadt Tikrit, Vertretern seiner Baath-Partei und seinen persönlichen Leibwächtern zuständig. Auf dieses System ist bislang offenbar Verlass: Der irakische Staatschef hat schon mehrere Putschversuche überstanden, und etliche Abtrünnige landeten im Gefängnis oder wurden getötet.

John Lumpkin