"Ukraine – die Lage" Sicherheitsexperte Mölling: "Streubomben könnten Ukraine gegen Minen helfen"

Eine Patrone Streumunition liegt in den Händen eines Mannes
Mehr als 100 Staaten haben eine Konvention gegen Streumunition unterzeichnet. Im Krieg in der Ukraine setzen wohl beide Seiten sie ein
© Patrick Pleul / DPA
Die Offensive der Ukraine könnte nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christian Mölling durch die Lieferung von amerikanischen Streubomben erleichtert werden – auch wenn diese Waffenart von über 100 Staaten geächtet worden ist. Mölling fordert eine differenzierte Debatte.

Die Offensive der Ukraine könnte nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christian Mölling durch die Lieferung von amerikanischen Streubomben erleichtert werden – auch wenn diese Waffenart von über 100 Staaten geächtet worden ist. Mölling forderte am Freitag im stern-Podcast "Ukraine – die Lage" eine differenzierte Debatte über die Systeme, die durch eine Explosion eine Vielzahl kleinerer Sprengkörper freisetzen. Der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sagte, gegen Infanterieverbände gerichtete Splitter- und Clustermunition sei zu Recht verboten. Sie schaffe unnötiges Leid; zudem könnten Zivilisten nicht geschützt werden. Es gebe aber große Unterschiede. "Man muss erstmal sehen, über welche Munition wir reden", sagte er zu Überlegungen in den USA, Waffen dieser Kategorie zu liefern.

Die Ukraine stehe vor dem Problem, dass sie große Minenfelder überwinden müsse. "Es gibt Möglichkeiten, solche Flächen zu räumen, indem Sie Munition darüber explodieren lassen", erläuterte der Experte. Das Argument zur Lieferung der umstrittenen Munition ergebe sich aus dem Kriegsverlauf. Mölling sagte: "Man braucht auch diese öffentliche Sicht auf das Problem der Ukrainer, um eine Dringlichkeit zu erzeugen: Jetzt müssen wir da was machen, sonst kommen wir da nämlich nicht weiter." Er machte deutlich, dass es nicht um Munition gegen Menschen gehe und auch nicht um Systeme, die auf Jahre hinaus eine Bedrohung darstellen. "In dem Kontext machen auf einmal solche Entscheidungen Sinn.", betonte er. Mölling wollte sich selbst jedoch noch nicht festlegen: "Was die richtige Lösung ist, würde ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen."

Konvention gegen Streubomben

Deutschland gehört – im Gegensatz zu den USA - zu den über 100 Staaten, die die Streubomben-Konvention unterzeichnet haben. Sie verbietet Einsatz, Herstellung und Weitergabe bestimmter Systeme. Mölling sieht darin jedoch kein unüberwindliches Hindernis für US-Lieferungen von sorgfältig gewählten Waffen an die Ukraine. "Dann wird man dafür eine Lösung finden", sagte er auf die Frage, was geschehe, wenn die Verbündeten der USA etwa den Transport mit von ihnen gelieferten Fahrzeugen ablehnen sollten.

Auch nach dem Sturm der Wagner-Söldner auf Moskau ist die militärische Lage nach Möllings Einschätzung weitgehend unverändert. Die Söldnertruppe habe zwar durch den Kampf um Bachmut große Bekanntheit erlangt, sei für den Krieg aber nicht so bedeutend, dass die russische Armee auf ihre Unterstützung nicht verzichten könne. Zur Verteidigung der russischen Stellungen im Süden der Ukraine habe sie ohnehin noch nie beigetragen.

Das Militärunternehmen Wagner habe aber eine wichtige Rolle für Russland außerhalb des Landes gespielt, wenn es darum gegangen sei, Gewalt als Dienstleistung anzubieten. Dies gehe nach seinem Eindruck weiter – wenn auch offenbar künftig unter der Regie offizieller russischer Stellen.

tkr