Im hoch verschuldeten Griechenland macht sich Pessimismus breit: Nach einer Meinungsumfrage sind 83 Prozent der Griechen der Ansicht, dass sich ihr Land in die falsche Richtung bewegt. Knapp die Hälfte der Befragten erwartet eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation in den kommenden fünf Jahren, berichtet die Tageszeitung "Kathimerini".
Die griechische Opposition scheint von der schlechten Stimmung indes nur bedingt zu profitieren: Die derzeit regierenden Sozialisten liegen der Umfrage zufolge noch immer drei Prozentpunkte vor der konservativen Opposition. Allerdings ist ihr Vorsprung im Vergleich zum April um 2,5 Prozentpunkte gesunken. Ein Jahr nach der Einigung mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds über das 110 Milliarden Euro teure Rettungspaket, das den Griechen harte Sparmaßnahmen vorschreibt, kommen die Sozialisten unter Ministerpräsident Giorgos Papandreou demnach auf 32 Prozent der potenziellen Wählerstimmen, die Konservativen schaffen 29 Prozent.
Papandreou beklgat Schwarzmalerei
Allerdings sind diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen. "Politische Prognosen anhand von Meinungsumfragen sind angesichts des zunehmenden Trends zur Enthaltung und des erwarteten Wachstums der Zahl von Parteien im Parlament gewagt", schreibt "Kathimerini". Die Griechen würden immer politikverdrossener: 37 Prozent der Befragten gaben an, sich bei Wahlen zu enthalten. In den vergangenen Tagen war es immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten in Griechenland gekommen.
Ministerpräsident Papandreou betonte unterdessen, sein Land sei Opfer einer dramatischen Schwarzmalerei an den Märkten und in den Medien. "Selbst der IWF sagt heute, dass unsere Schulden tragbar sind", sagte der Sozialdemokrat Papandreou am Freitag bei einem Treffen von Mitte-Links-Politikern in Oslo. Eine Umschuldung sei nicht erforderlich. "Trotzdem prügeln die Märkte unaufhörlich auf uns ein, die Medien sagen einen Weltuntergang voraus, und das fördert eine Kultur der Angst."
"Schwarzer-Peter-Spiel" lähmt Europa
Papandreou forderte Europa zur Geschlossenheit auf, um die gemeinsame Währung zu verteidigen. "Es gibt kein Zurück vom Euro. Aber wir gehen auch nicht genug voran", kritisierte er. "Wir suchen nach Prügelknaben, wir spielen Schwarzer Peter: Wir sagen, der Norden ist schuld, die Peripherie ist schuld, die Migranten sind schuld." Diese Haltung lähme Europa, mahnte der griechische Ministerpräsident. Er nannte es zugleich nicht tragbar für eine Währungsunion, dass die Risikoaufschläge auf griechische Staatsanleihen so viel höher seien als die von Deutschland und anderen europäischen Ländern.
Indirekt erhielt Papandreou Unterstützung durch EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn. der konstatierte ein überraschend kräftiges Wachstum in Griechenland im ersten Quartal, das ein gutes Zeichen im Kampf gegen die Schuldenkrise sei. "Was die Wirtschaftsentwicklung in Griechenland anbelangt, ist es ermutigend", sagte Rehn am Freitag in Brüssel. Das Bruttoinlandsprodukt in dem hoch verschuldeten Euro-Land war im ersten Quartal um 0,8 Prozent zum Vorquartal gewachsen. Die EU-Kommission rechnet für das kommende Jahr auch mit einem Ende der Rezession.