Türkei Erdogan nennt Teilnehmer von Gezi-Protesten "Flittchen" – und kassiert dafür mehrere Anzeigen

Der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdogan, hält eine Rede
Gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sind mehrere Strafanzeigen erstattet worden, nachdem er die Gezi-Demonstranten "Flittchen" genannt hatte
© Mustafa Kamaci/ / Picture Alliance
Der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdogan, hat zum neunten Jahrestag der Gezi-Proteste die Teilnehmer als "Flittchen" bezeichnet. Nach dieser Äußerung ist er gleich mehrfach angezeigt worden.

Neun Jahre nach Beginn der Gezi-Proteste in der Türkei hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Teilnehmer verunglimpft. "Die sind krank, das sind Flittchen", sagte Erdogan am Mittwoch im türkischen Parlament. Er bezog sich dabei auf einen angeblichen Vorfall, bei dem Demonstrierende Bierflaschen in eine Moschee gebracht hätten.

Nach dieser Äußerung ist der Präsident gleich mehrfach angezeigt worden. Unter anderem Politiker der oppositionellen CHP und Frauenrechtsorganisationen reichten Strafanzeigen gegen den Präsidenten ein, wie sie jeweils auf Twitter mitteilten. Der Vorsitzender der CHP, Kemal Kilicdaroglu riet Erdogan auf Twitter, künftig lieber den Mund zu halten und erhielt dafür etwa Zustimmung von dem berühmten türkischen Pianisten Fazil Say. Auch die bekannte Autorin Elif Safak empörte sich via Twitter über "diskriminierende Sprache".

Mehr als hundert Festnahmen in der Türkei zum Jahrestag

Bei Demonstrationen zum Jahrestag der Proteste wurden am Dienstagabend zahlreiche Menschen festgenommen. Allein in Istanbul seien 169 Menschen von der Polizei in Gewahrsam genommen worden, sagte die Anwältin Ezgi Önalan der Deutschen Presse-Agentur. Sie warf der Polizei vor, "unrechtmäßig" gehandelt und Tränengas gegen die Protestierenden eingesetzt zu haben. Auf der Polizeistation würden vier der Demonstrierenden weiterhin festgehalten. Önalan zufolge seien diese dort geschlagen worden.

Bei den Protesten riefen kleinere Gruppierungen in der Nähe des Taksim-Platzes in Istanbul den Slogan "Überall ist Taksim, überall ist Widerstand". Die Polizei unterband die Proteste teilweise brutal, wie eine dpa-Reporterin berichtete. Auch in zahlreichen anderen Städten gingen Menschen auf die Straße.

Ende Mai 2013 hatten die Gezi-Proteste am Taksim-Platz ihren Ausgang genommen. Sie richteten sich ursprünglich gegen ein geplantes Bauprojekt auf dem Areal des Gezi-Parks am Taksim. Die Demonstrationen weiteten sich zu landesweiten Protesten gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan und die regierende islamisch-konservative AKP aus. Die Regierung ließ die Proteste brutal niederschlagen. Zahlreiche Menschen sitzen wegen der Teilnahme an den Protesten in türkischen Gefängnissen.

DPA
lhi