Während Putin die Ukraine überfällt und Millionen Menschen auf der Flucht sind, fragen viele zurecht, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Claudia Kemfert, Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sagte vergangene Woche ganz richtig im Spiegel: "Deutsche Autofahrende haben Putin reich gemacht." An jedem Liter Öl, jeder Tonne Kohle und Gas, die wir Russland jahrelang in reichlicher Menge abgekauft haben, klebt inzwischen ukrainisches Blut.

Jetzt redet ganz Deutschland über Aufrüstung. Verständlich. Aber glauben wir wirklich, dass alleine noch mehr Geld für ein Militär, was bereits zu den teuersten der Welt gehört, die Menschen jetzt – oder später – vor Putin schützen kann? Vor dem Mann, der Befehlshaber über das größte Atomwaffenarsenal der Welt ist?
Putin fürchtet die Unabhängigkeit
Kriegsführung und Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert ist längst nicht mehr nur eine militärische Frage. Es geht auch um Cybersicherheit und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Jahrelang hat sich Deutschland unter der Führung der Union abhängig gemacht von den Kohle-, Öl- und Gaslieferungen aus Russland. Und nun sind wir mit genau diesen Dingen erpressbar. Und erst, wenn wir uns davon lösen, sind wir endlich frei.
Putin fürchtet diese Unabhängigkeit, wie ein (vermutlich russischer) Cyberangriff auf deutsche Windenergieanlagen am 24. Februar, dem Tag des Überfalls auf die Ukraine, zeigt.

Nun kann man vorschlagen, einfach die deutschen Braunkohlemeiler länger am Netz lassen – wie die Braunkohlelobbyisten Friedrich Merz (CDU) oder Dietmar Woidke (SPD). Dabei verkennt man aber, dass auch die Klimakrise ein zunehmendes Sicherheitsproblem ist, wenn aufgrund der Erderhitzung verstärkt Konflikte über Ressourcenknappheit, Nahrungsmittel und noch bewohnbare Landmassen ausbrechen.
Aufrüstung, die wirklich hilft
Die einzige Lösung ist eine massive Beschleunigung der Energie-, Wärme und Verkehrswende. Jede Solarzelle, jedes Windrad, jede Wärmepumpe, aber auch jeder eingesparte Liter Benzin ist ein Stück wiedergewonnene Freiheit und Sicherheit für Europa. Oder wie Christian Lindner sagte: „die Erneuerbaren sind Freiheitsenergien“.
Daher sollten wir Geld nicht in die Bundeswehr pumpen, sondern in Erneuerbare Energien und alternative Mobilität. Und wir müssen überlegen, wie wir den deutschen Energie- und Spritverbrauch in den kommenden Monaten senken können.
Auch das ist sicherheitspolitische Aufrüstung. Und zwar eine, die wirklich hilft gegen Putins Krieg.