In der Ukraine könnten nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christian Mölling Sanitätssoldaten von Nato-Staaten wie Estland eingesetzt werden, um den Kampf gegen die russischen Truppen zu unterstützen. Mölling sagte am Freitag im stern-Podcast "Die Lage – international“, die Ukrainer müssten zwar allein kämpfen – aber alles andere könnten auch Soldaten anderer Länder übernehmen. "Das halte ich für eine im Prinzip sinnvolle Erwägung“, sagte der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik zu Plänen, zum Beispiel Sanitätseinheiten zu entsenden. Außer Esrtland würden auch andere Staaten, die sich durch Russland in besonderer Weise bedroht fühlten solche Überlegungen anstellen – trotz des Risikos für die eigenen Soldaten.
Auch Beschuss von Nato-Soldaten denkbar
"Das estnische Soldatinnen und Soldaten möglicherweise unter Beschuss geraten, durch langreichweitige Raketen zum Beispiel, das ist natürlich möglich“, betonte der Experte. "Das estnische Nato-Soldaten sterben, gehört mit zu dem Risiko.“ Dies würde aber nicht sofort den Bündnisfall auslösen, der die anderen Mitglieder der Allianz zum Beistand verpflichtet. Eine Unterstützung eines angegriffenen Staates durch Sanitäter sei völkerrechtlich zulässig.
"Wie stark involvieren wir uns?"
Trotz derartiger Überlegungen sieht Mölling die Nato nicht auf einem Weg, der sie Schritt für Schritt zur Kriegspartei mache. „Ich sehe keine Salami-Taktik“, betonte er. Mölling kritisierte jedoch, dass die Ukraine in der Vergangenheit stets zu spät und dann zu wenig Unterstützung bekommen habe. Dies schränkt nach seiner Einschätzung die Handlungsoptionen ein. "Das kann dazu führen, dass wir in einem halben Jahr oder Jahr vor der Frage stehen: Wie stark involvieren wir uns?“, sagte er. Als eine mögliche Option für ein stärkeres Engagement nannte er, dass westliche Flugzeuge russische Raketen oder Drohnen abschießen. Bei einer Abwehr der unbemannten Flugkörper gehe es ausdrücklich nicht darum, russische Soldaten zu töten.
Der russische Vormarsch in der Region Charkiw wäre Mölling zufolge deutlich erschwert worden, wenn die Ukraine amerikanische Raketen bereits gegen die Sammlungsgebiete der Angreifer auf russischem Territorium hätte einsetzen können. Das lehnen die USA aber ab. Die Briten hätten solche Beschränkungen mittlerweile für die von ihnen gelieferten Systeme aufgehoben. „Es gibt Hinweise, dass auch die Amerikaner in diese Richtung tendieren“, sagte Mölling.