Die Zahl der Flüchtlinge ist im vergangenen Jahr weltweit auf den höchsten Stand seit 15 Jahren gestiegen. Mit rund 43,7 Millionen Menschen, die sich wegen Kriegen und anderer Konflikte in ihren Heimatländern auf der Flucht befänden, sei sie im vergangenen Jahr so hoch gewesen wie seit 15 Jahren nicht mehr, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR anlässlich des Weltflüchtlingstags am Montag in seinem Jahresbericht mit. Binnen Jahresfrist sei die Zahl der Flüchtlinge um etwa 400.000 Menschen gestiegen. Insgesamt flohen demnach etwa 15,6 Millionen Menschen aus ihren Ländern, weitere 27,5 befanden sich innerhalb ihrer Heimatstaaten auf der Flucht.
Rund 80 Prozent der Flüchtlinge lebten dem Bericht zufolge in den ärmsten Ländern der Welt. In Pakistan wurden im Jahr 2010 1,9 Millionen Flüchtlinge, im Iran und in Syrien jeweils etwa eine Million registriert. Zu den Hauptherkunftsländern zählten weiterhin Afghanistan, der Irak, Somalia, die Demokratische Republik Kongo und der Sudan. Von weltweit etwa 850.000 Asylbewerbern hätten rund 180.000 Menschen Aufnahmeanträge in Südafrika gestellt, nur gut 54.000 hingegen in den USA. In vielen Industriestaaten hätten die Vorbehalte gegen Flüchtlinge "deutlich zugenommen", hieß es in dem Bericht. Deutschland sei mit rund 600.000 Menschen das Industrieland mit der höchsten Zahl an Flüchtlingen.
Immer mehr Menschen müssen dauerhaft im Exil leben
Der Bericht zeigte zudem, dass immer mehr Flüchtlinge über einen langen Zeitraum auf der Flucht bleiben. Im Jahr 2010 waren etwa 7,2 Millionen Menschen bereits seit fünf Jahren oder länger gezwungen, im Exil zu leben. Das waren so viele wie in den vergangenen zehn Jahren nicht mehr. Zudem konnten im vergangenen Jahr mit rund 200.000 Menschen so wenige Flüchtlinge wie zuletzt im Jahr 1990 in ihr Heimatland zurückkehren. Von den Binnenvertriebenen schafften es immerhin fast drei Millionen aus anderen Landesteilen in ihre Heimatregion zurück, beispielsweise in Pakistan, der Demokratischen Republik Kongo und Kirgistan.
Ängste der Industrieländer sind übertrieben
UN-Flüchtlingskommissar António Guterres kritisierte bei der Vorstellung des Berichts, es gebe "in der heutigen Welt beängstigende Sinnestäuschungen über Flüchtlingsbewegungen". Die Angst vor riesigen Flüchtlingsströmen in Industrieländer sei übertrieben und werde mit anderen Wanderungsbewegungen vermischt. "Die hauptsächliche Last müssen inzwischen ärmere Staaten tragen", sagte Guterres. Zu Fluchtbewegungen nach den Umbrüchen in Nordafrika und im Nahen Osten, die der Bericht noch nicht berücksichtigte, sagte Guterres' Stellvertreter Alexander Aleinikoff, ein Großteil der dortigen Flüchtlinge bleibe in der Region.
Das Deutsche Rote Kreuz rief dazu auf, die internationalen Abkommen zum Schutz von Flüchtlingen einzuhalten. "Wenn es darum geht, das eigene Leben zu retten, muss es rechtlich möglich sein, sichere Gebiete zu erreichen", forderte die Organisation. Es müsse weltweit sichergestellt werden, dass "grundlegende Bedürfnisse abgedeckt" und Flüchtlinge "mit Würde behandelt" würden. Besonders besorgniserregend sei die Situation von rund 8000 Flüchtlingen, die sich wegen der Unruhen in Libyen an den Grenzen des Landes zu Tunesien und Ägypten aufhielten, erklärte das Rote Kreuz. Sie bräuchten "Schutz in Europa und den Zugang zu einem Asylverfahren".