Sie waren die wahren Herren im Süden Afrikas, doch ihre Stimme ist längst verstummt: Die San - allgemein auch als Buschmänner bekannt - lebten bereits seit mindestens 15 000 Jahren in der Region. Lange, bevor weiße Kolonialisten oder schwarze Bantu- Völker überhaupt das Südliche Afrika für sich »entdeckten«, waren sie bereits dort.
»Man akzeptiert, wer wir sind, aber uns wird nicht der Respekt gezollt, der anderen ursprünglichen Völkern entgegen gebracht wird«, bedauert Calvin Cornelius, Häuptling des San-Stammes der Goringhaicona im heutigen Südafrika. In Durban wird er die Delegation der südafrikanischen Ur-Einwohner anführen und im Rahmen der UN- Weltkonferenz gegen Rassismus ihre Forderungen vorbringen. Die beiden Hauptgruppen - Khoikhoi und San - fordern nicht nur symbolische Wiedergutmachung, sondern vor allem Land.
»Wir sagen nicht: Verschwindet von unserem Land. Wir wollen nicht aggressiv sein oder auf Konfrontationskurs gehen. Wir wollen kein entwickeltes Land an uns reißen. Wir sagen lediglich: Gebt uns brach liegendes Regierungsland, an dem Khoisan-Geschichte hängt, wie die Granger-Bucht (bei Kapstadt), statt dort einen Strand für die Reichen anzulegen.« Dazu gehören aber vor allem Küstengebiete, die eine wichtige Rolle für den südafrikanischen Tourismus spielen - darunter die berühmte Flaniermeile Victoria and Albert Waterfront in Kapstadt.
Die etwa 60 000 Nachkommen der Khoi-San-Völker knüpfen große Erwartungen an die Landforderungen. Eine Zusage käme für sie einer offiziellen Anerkennung als ursprüngliche Kap-Bewohner gleich. Schwarze und Weiße haben das kleinwüchsige Jäger- und Sammlervolk immer mehr in Richtung auf die Kalahari-Wüste abgedrängt, wo noch heute ihre künstlerisch hoch stehenden Fels-Zeichnungen von ihrer Kultur zeugen. »Wir sind noch immer ein bedeutungslos gewordenes Volk, denn die Regierungen wissen nicht, in welcher Form sie uns die grundlegenden Menschenrechte wieder zugestehen sollen. Wir wollen das Recht auf Selbstbestimmung ... um unseren Selbstrespekt, unsere Würde und Ursprünglichkeit zurückzugewinnen«, sagt Cornelius.
Suche nach dem Zugehörigkeitsgefühl
»Viele der Khoi-San-Nachkommen suchen noch immer nach einem Zugehörigkeitsgefühl. Die europäischen Siedler haben uns Namen wie Hottentotten oder Buschmänner gegeben. Für die Apartheids-Regierung waren wir weder schwarz noch weiß, also haben sie uns mit dem Etikett «Farbige» versehen.« Von ihrem Ansehen her standen sie oft auf einer Ebene mit wilden Tieren, die zum Abschuss frei gegeben waren.
»Unsere Vorfahren waren Nomaden, das Land gehörte der Allgemeinheit und der Häuptling war lediglich der Wärter. Es waren großzügige Leute und als 1652 (der Niederländer) Jan van Riebeeck landete, haben sie ihn willkommen geheißen. Meinem Volk wurde billiger Wein angeboten, damit sie Verträge unterschrieben. Ihnen wurde dann das Land und das Vieh abgenommen, sie wurden versklavt und regelrecht geschlachtet.«
Benita van Eyssen