US-Vorwahlen Clinton sucht die Superwähler

  • von Tobias Betz
Hillary Clinton steht mit dem Rücken zur Wand. Serienweise hat die US-Präsidentschaftskandidaten gegen ihren Konkurrenten Barack Obama verloren. Nun muss sie bei den anstehenden Vorwahlen in Ohio und Texas siegen. Und sie muss in den Hinterzimmern der Partei gewinnen. Denn dort sitzen die "Superwähler".

Die Wähler haben Hillary Clinton enttäuscht, elf Mal in Folge. Doch auch nach den jüngsten Vorwahlniederlagen hat die US-Präsidentschaftskandidatin die Hoffnung auf ein Comeback noch nicht aufgegeben. Und das, obwohl ihr Konkurrent Barack Obama im Rennen um die Kandidatur der Demokraten fast nicht mehr einzuholen ist. Zumindest was die "pledged delegates" angeht, also den von den Wählern bestimmten Delegierten. Denn hier ist sein Vorsprung mit 1184 zu 1031 mittlerweile so groß, dass Clinton auch ein Triumph bei den anstehenden Vorwahlen in Ohio und Texas nicht mehr reicht, um Obama in dieser Zählung noch abzufangen.

Doch es gibt für sie noch einen Ausweg. Clinton kommt zugute, dass es neben dem Kampf um Volkes Stimme, in den Hinterzimmern der Demokraten zu einem weiteren Kräftemessen der beiden Kandidaten kommt. Clinton und Obama ringen um die Unterstützung der rund 800 nicht-gewählten Delegierten, die auf dem Nominierungsparteitag im August ebenfalls eine Stimme besitzen. Zu diesen sogenannten "Superdelegates" gehören Gouverneure, Kongressabgeordnete, frühere Präsidenten und wichtige Parteifunktionäre der Demokraten.

Ohne die Superdelegierten geht nichts

Diese werden nicht vom Wähler zur Krönungstagung des demokratischen Präsidentschaftskandidaten entsandt, sondern erhalten ihr Stimmrecht aufgrund ihres Amtes. Sie sind zwar eine Minderheit auf dem Parteitag und stellen nur rund 20 Prozent aller Delegierten. Doch genau die könnten am Ende darüber entscheiden, wen die Demokraten ins Rennen gegen den wahrscheinlichen Kandidaten der Republikaner John McCain schicken. Denn egal, wer von den beiden Bewerbern Obama und Clinton am Ende die Nase vorne hat: Die zur Nominierung notwendigen 2025 Delegierten wird keiner ohne die Unterstützung der Superdelegierten erreichen können.

Und diese favorisieren im Moment noch Hillary Clinton. 236 Superdelegierte haben sich bislang für sie entschieden, für Obama dagegen nur 185. Doch die große Mehrheit hält sich noch bedeckt. Darunter auch viele Schwergewichte der Partei, wie Parteichef Howard Dean und Nancy Pelosi, die Mehrheitsführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus. Auch der Superdelegierte John Edwards, der bereits aus dem Rennen um die Präsidentschaftskandidatur ausgestiegen ist, hat sich zwar mit Clinton und Obama getroffen. Doch schweigt auch er noch beharrlich, wem er auf dem Nominierungsparteitag seine Stimme geben wird.

Über den Star der Partei, den einstigen Vizepräsidenten und Nobelpreisträger Al Gore wird gemunkelt, er wolle neutral bleiben, um auf dem Parteitag notfalls die Rolle des Schlichters übernehmen zu können. Spätestens dann wird sich aber zeigen, ob er noch auf der Seite seines ehemaligen Präsidenten Bill Clinton steht. Sollte Gore für Hillary stimmen, wäre dies ein wichtiges Signal für die Partei.

Wen sich der frühere Präsident Jimmy Cater als Kandidaten wünscht, ist ebenfalls nicht bekannt.

Der einstige Underdog Obama kommt näher

Das Werben um die Superwähler in den eigenen Reihen wird verbissen geführt. Hillary Clinton setzt vor allem auf ihre langjährigen Kontakte und Ehemann Bill, der viel Zeit am Telefon verbringt, um Überzeugungsarbeit zu leisten. Auch Tochter Chelsea wird eingespannt, um weitere der Superdelegierte für Mutter Hillary zu gewinnen. Daneben arbeiten noch viele Freunde und Helfer an der großen Überzeugungskampagne für Clinton.

Doch die Niederlagen bei den vergangenen Vorwahlen machen es dem Clinton-Lager zunehmend schwerer Superdelegierte auf ihre Seite zu ziehen. Der einstige Underdog Barack Obama kommt auch hier immer näher.

Viele Superdelegierte bereuen ihre Wahl

Einige im Clinton-Lager bereuen nun ihre schnelle Festlegung auf die Senatorin aus New York. Vor allem einige schwarze Superdelegierte beginnen zu grübeln, weil in ihren Wahlbezirken Obama gewonnen hat. Sollen sie sich tatsächlich gegen den Willen der Wähler stellen und weiter Clinton unterstützen? Die ehemalige First-Lady mahnt dagegen, niemand solllte sich weiter von Obamas Wahlerfolgen beeindrucken lassen. Den besten, nicht den beliebtesten Kandidaten sollten sie unterstützen, rät Clinton den Superdelegierten. Eine große Wanderbewegung ins Obama-Lager blieb zwar bislang aus, doch sollte Obama auch in Ohio und Texas siegen, würde der Druck auf die Superdelegierten wohl noch steigen, sich hinter den Favoriten der Wähler zu stellen.

Dies ist im übrigen auch gute Praxis bei den Demokraten. Nur im Jahr 1984 stellten sich die Superdelegierten gegen den Wunschkandidaten der Wähler, um einem anderen die Kandidatur ihrer Partei anzuvertrauen. Gary Hart hatte damals zwar die meisten Vorwahlen gewonnen, doch die Unterstützung in den eigenen Reihen blieb ihm verwehrt. Stattdessen wurde der moderatere Walter F. Mondale Kandidat der Demokraten. Mit wenig Erfolg. Er unterlag bei der Präsidentschaftswahl dem damaligen Amtsinhaber Ronald Reagan.

Auch Clinton und Obama sind Superdelegierte

Auch in diesem Jahr dürfte sich dieser Unglücksfall in der Geschichte der Demokraten nicht wiederholen. Denn ein offener Streit um die Superdelegierten in den kommenden Wochen und insbesondere beim Parteitag würde die Demokraten empfindlich treffen. Der lachende Dritte wäre nämlich John McCain, dem eine richtige Auseinandersetzung unter den Demokraten das Rennen um das Weiße Haus sehr erleichtern würde. Einige in der demokratischen Partei haben die Gefahr bereits erkannt und versuchen hinter den Kulissen, einen Konflikt zu verhindern.

Auch Bill Clinton hat nun scheinbar eingesehen, dass ein Showdown auf dem Parteitag keinem hilft, sondern nur die Wahlchancen der Demokraten schmälert. Deshalb kündigt er an, was seine Frau Hillary noch nicht öffentlich eingestehen will. "Ich denke, falls sie in Texas und Ohio gewinnt, dann ist sie die Kandidatin." Doch falls nicht, dann könne sie es nicht sein, so Clinton.

Übrigens: Neben Bill Clinton als Ex-Präsident gehören auch seine Frau Hillary und Barack Obama als Senatoren zu den Superdelegierten. Zumindest zwei (Clinton) beziehungsweise eine (Obama) Stimme sind den beiden Kandidaten damit sicher.