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Gewollt unfruchtbar Nach Aus für Abtreibungsrecht: Immer mehr US-Männer wollen sich Vasektomie unterziehen

Pro-Choice Demonstranten in Washington
Wütende Proteste in Washington am vergangenen Sonntag gegen den Spruch des Supreme Courts. Viele Demonstranten fürchten, dass ihre Bürgerrechte nun immer weiter eingeschränkt werden
© Jemal Countess/UPI/LAif
Wo keine Schwangerschaft möglich, da auch keine Abtreibung nötig. Dass der US-Supreme Court das Recht auf Abtreibung gekippt hat, bewegt offenbar mehr und mehr Männer dazu, sich sterilisieren zu lassen.

Dass der Supreme Court das Aus für das Recht auf Abtreibung verkündet hat, hat US-Amerikaner offenbar nicht nur zu landesweiten Protestmärschen veranlasst. Nach Informationen von US-Medien zeigen sich Männer solidarisch und suchen eine Alternative. Die Idee: Wo keine Schwangerschaft möglich, da auch keine Abtreibung nötig. So soll die Nachfrage für Vasektomien, eine Form der Sterilisation für Männer, in den vergangenen Tagen enorm zugenommen haben.  

Ein Krankenhaus in Cleveland erklärte auf Anfrage des US-Nachrichtensenders "NBC News", man erhalte für gewöhnlich drei bis vier Vasektomie-Anfragen am Tag. Doch allein von Freitag bis Mittwoch seien es 90 gewesen. Ein Urologe aus Miami erklärte dem Sender, dass er inzwischen überlege, auch samstags zu arbeiten – so oft klingle in seiner Klinik das Telefon. Ähnliches berichtet auch ein Arzt aus Kansas City: "Seit Freitag ist die Zahl der Menschen, die sich einer Vasektomie unterziehen wollen, um 900 % gestiegen."

Bei einer Vasektomie handelt es sich um einen operativen Eingriff, der Männer dauerhaft unfruchtbar macht. Dabei durchtrennt der Arzt die Samenleiter des Patienten, in denen die Spermien gespeichert werden. In den USA (und auch in Deutschland) müssen Versicherungen die Kosten für Vasektomien nicht übernehmen. Der Eingriff kann zwar theoretisch rückgängig gemacht werden. Mediziner raten jedoch dazu, eine Vasektomie als Einmalentscheidung zu betrachten.

Anders ist es der "Washington Post" zufolge bei Verhütungsmitteln für Frauen – deren Kosten seien im Rahmen des Affordable Care Act als "Präventivleistung" abgedeckt.

"Männer müssen Verantwortung übernehmen"

Der Supreme Court, das Oberste Gericht der USA, hatte am vergangenen Freitag das Grundsatzurteil Roe v. Wade und damit das verfassungsmäßige Recht auf Abtreibung aufgehoben. Die Folge waren landesweite Proteste und eine Klagewelle vor staatlichen Gerichten. "Viele der Männer sagen, dass sie schon eine Weile über eine Vasektomie nachgedacht haben, und die Roe v. Wade-Entscheidung war nur der letzte Faktor, der ihnen den Ausschlag gab und sie dazu brachte, die Online-Anmeldung einzureichen", erklärte der Urologe Doug Stein gegenüber der "Washington Post", der gemeinsam mit anderen Befürwortern in Kinderbetreuungseinrichtungen für den Eingriff geworben habe. "Mindestens 60 oder 70 Prozent" der Anrufer erwähnten das Urteil des Obersten Gerichts, so Steins Mitarbeiter John Curington.

"Als [der Entwurf] herauskam, wusste ich, dass die Dinge nicht besser werden würden, zumindest nicht in nächster Zeit", sagte ein 26-Jähriger gegenüber dem "NBC News". "Männer sind Teil der Schwangerschaftsgleichung, und wir müssen Verantwortung übernehmen", sagte der 46-jährige Jerald Stiedaman aus Illinois. Er habe direkt am Freitag einen Vasektomie-Termin vereinbart.

Abtreibungsverbot birgt ungeahnte Risiken

"Ich bin sehr, sehr, sehr froh und stolz zu hören, dass Männer die Verantwortung für ihre reproduktive Gesundheit und ihre reproduktiven Entscheidungen übernehmen. Ich denke, dass die Männer in diesem Land viel zu lange aus dem Gespräch herausgehalten wurden und dass die Frauen dafür verantwortlich sind, und das sollten beide Parteien tun", so Philip Werthman, Leiter des Zentrums für männliche Reproduktionsmedizin und Vasektomieumkehr in Los Angeles gegenüber "NBC News". Gleichzeitig warnte der Mediziner Männer jedoch davor, übereilte Entscheidungen zu treffen.

Mehrere Fachmagazine und Berufsverbände geben laut "Washington Post" zu bedenken, dass das Urteil des Supreme Court ungeahnte Auswirkungen – weit über das Thema Abtreibung hinaus – auf die Gesundheitsversorgung haben könnte. Ob Müttersterblichkeit, Fehlgeburtenrate oder In-vitro-Fertilisation – die Risiken seien unabsehbar.

Quellen: "NBC News"; "Washington Post"

yks

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