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Very British Heathrows neue Hoffnung

Am Donnerstag wird das erste Flugzeug vom neuen Terminal 5 des Londoner Flughafens Heathrow starten. Dann wird sich zeigen, ob nach 15 Jahren Warte- und Bauzeit im größten britischen Flughafen das Fliegen wieder aus mehr als Warteschlangen bestehen wird.
Von Cornelia Fuchs, London

Die Queen war schon vor zwei Wochen da und hat den neuen Tempel des Flugverkehrs in Großbritannien eröffnet, als gute Nachbarin. Der königliche Wohnsitz Schloss Windsor liegt direkt in einer der Einflugschneisen des Flughafens und die große, zehn Stockwerk hohe Konstruktion ist von überall in Windsor sehr gut zu sehen. Prinz Philip teilte daher den Anwesenden der Eröffnungszeremonie mit, dass er die Fortschritte an dem Gebäude seit Jahren von seinem Badezimmerfenster aus beobachte. Er schaute etwas erstaunt, als ihm ein leitender Manager mitteilte: "Ja, Eure königliche Hoheit, wir können Sie auch sehen."

Prinz Philip wird nicht der einzige bleiben, der sich etwas überwacht fühlt von diesem neuen Terminal 5. 30 Millionen Passagiere sollen hier jährlich hindurchgelotst werden, fast ausschließlich British-Airways-Kunden. Und von allen, die von hier zu Zielen in Großbritannien aufbrechen, werden bei Sicherheitskontrolle und dann wieder beim Einsteigen am Gate Fingerabdrücke genommen. Die Technik dafür hat die deutsche Firma Dermalog bereit gestellt - und nötig ist das Ganze angeblich, weil in dem riesigen Einkaufsbereich in dem Terminal mit der Größe von 50 Fußballfeldern sich alle Passagiere mischen, egal ob sie Einstiegs-Karten für nationale oder internationale Flüge haben.

Identitäts-Sicherung zum Grenzschutz


Das britische Innenministerium sagt, diese Identitäts-Sicherung sei notwendig, "um die britischen Grenzen zu schützen." Nur so könne verhindert werden, dass Boarding-Karten zum Beispiel von Terroristen hinter der Sicherheitskontrolle getauscht werden - und dann jemand, der eigentlich ins Ausland fliegen sollte, plötzlich doch nach Großbritannien einreisen kann. Warum ein solcher Mensch nicht per Passagierliste und Ausweis abgefangen werden kann, bleibt dabei jedoch unklar. Ebenso unklar ist, warum es im Flughafen Gatwick bisher gereicht hat, die Identität der Passagiere durch ein digitales Vor-Ort-Foto zu überprüfen. Auch Gatwick hat einen gemeinsamen Abflugbereich von britischen und internationalen Flügen.

Cornelia Fuchs

London ist der Nabel der Welt und Europa immer noch "der Kontinent". stern-Korrespondentin Cornelia Fuchs beschreibt in ihrer wöchentlichen stern.de-Kolumne das Leben zwischen Canary Wharf und Buckingham Palace, zwischen Downing Street und Notting Hill.

Doch der Protest einiger Datensicherheitsexperten ob einer solchen Fingerabdruck-Sammlung hunderttausender Passagiere verhallte bisher im großen Rund des Applauses für die gewagte Konstruktion des Terminals und die Versprechungen auf ein besseres Reisen. Und so wird am Donnerstag wohl die Fingerabdruck-Sammelstelle genau so in Betrieb genommen wie die 20 Sicherheitskontrollen und das riesige Gepäckförderungs-System im Bauch des neuen Gebäudes.

Nur vier geöffnete Sicherheitskontrollen


"Im neuen Terminal 5 geht es darum, das Staunen zurück ins Fliegen zu bringen", sagt der Designer David Bartlett und meint damit nicht die Verwunderung über nur vier geöffnete Sicherheitskontrollen um 7 Uhr morgens an einem Montag, die in den älteren Heathrow Terminals keine Seltenheit waren.

Bisher war der Flughafen Heathrow vor allem für Warteschlangen bekannt, die sich bis zu den Parkplätzen erstrecken. Oder für Stapel mit Gepäckstücken, die im Chaos verspäteter Flüge und kaputter Computersysteme nicht mit ihren Besitzern mitfliegen konnten. British Airways hat Dank des Heathrow-Durcheinanders von allen großen Fluglinien den schlechtesten Ruf, was die Zusammenführung von Fluggästen und ihrem Gepäck angeht.

Alles soll anders werden


Das soll nun alles anders werden, und dafür wurden seit Wochen hunderttausende Koffer, Kisten und Rucksäcke durch die kilometerlangen Gepäckbänder geschickt. Angeblich gingen nur eine Handvoll für kurze Zeit verloren. Das lässt britische Vielflieger hoffen.

Die waren spätestens seit den neuen Bestimmungen zur Mitnahme von Flüssigkeiten im Handgepäck daran gewohnt, mindestens eine dreiviertel Stunde für die Sicherheitsabfertigung einzuplanen. Wer ab Donnerstag in den versprochenen zehn Minuten vom Einchecken durch die Sicherheitskontrolle in den riesigen Einkaufsbereich kommt, den erwartet ein Einkaufserlebnis, für das es sich schon wieder lohnen soll, früher zum Flughafen zu kommen.
Einer der berühmtesten Köche Englands, Gordon Ramsay, eröffnet hier ein Restaurant namens "Plane Food", Gucci zeigt sich und McDonald's wurde gar nicht erst zugelassen. Dafür gibt es eine Starbucks-Filiale.

54 Fluglinien ziehen um


Wenn jetzt noch in den nächsten Monaten der Umzug von 54 Fluglinien in ihre neuen Abflughallen ohne Probleme voranschreitet, dann könnte Terminal 5 als eines der größten Bauprojekte in die Geschichte eingehen, das zwar mit einem 15-jährigen Anlauf, aber dann doch innerhalb des geplanten Geld- und Zeitbudgets alles abgeliefert hat, was bestellt war.
Für solchen Fortschritt, so das Kalkül, geben Passagiere anscheinend gerne ihre Fingerabdrücke preis.

Liebe Leser, erst nach Redaktionsschluss dieser Kolumne wurde bekannt, dass die Betreibergesellschaft BAA darauf verzichtet, Fingerabdrücke von den Passagieren zu nehmen.

Lesen Sie hier mehr dazu, d. Red.

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