Welthandelsorganisation Ein Toter bei Demonstration in Cancún

Bei zeitweise gewalttätigen Demonstrationen am Rande der Ministertagung der Welthandelsorganisation im mexikanischen Cancún ist ein Demonstrant ums Leben gekommen

Bei zeitweise gewalttätigen Demonstrationen am Rande der am Mittwoch eröffneten Ministertagung der Welthandelsorganisation WTO im mexikanischen Cancún ist ein Demonstrant ums Leben gekommen. Nach Angaben des mexikanischen Außenministers Luis Ernesto Derbez erstach sich der 56-jährige Koreaner mit einem Messer selbst. Nach Polizeiangaben wurden mindestens 46 Menschen verletzt, davon viele Polizisten. Die fünftägige Konferenz begann mit eindringlichen Appellen an die Kompromissbereitschaft der Teilnehmer.

"Selbst zugefügte Wunde"

Derbez sprach sein Bedauern über den Tod des Demonstranten aus, der an einer "selbst zugefügten Wunde gestorben" sei. Angaben von Ärzten zufolge hatte sich der Mann ein Messer in die Brust gestoßen und dabei sein Herz und den linken Lungenflügel durchbohrt. Er gehörte zu einer Gruppe von mehreren Dutzend koreanischen Bauern, die sich dem Protestmarsch gegen die WTO-Tagung angeschlossen hatten. Die rund zehntausend Demonstranten konnten das Tagungszentrum nicht erreichen, weil ein von der Polizei errichteter und streng bewachter Stahlzaun die Durchgangsstraße zur Hotelzone versperrte. Die Sicherheitskräfte setzten auch Tränengas ein. Es flogen Steine von beiden Seiten.

"Armut führt zu Ausgrenzung"

Mexikos Präsident Vicente Fox warnte in seiner Eröffnungsrede vor den Folgen eine Scheiterns der fünftägigen Konferenz: "Wir dürfen nicht erlauben, dass Reichtum nur auf bestimmte Länder begrenzt bleibt." Er verlangte eine Strategie zur Entwicklung der armen Länder. "Armut führt zu Ausgrenzung und tötet die Hoffnung auf die Zukunft", sagte der Präsident.

Senkung der Agrarsubventionen

Im Zentrum der Beratungen der Vertreter von 146 WTO-Staaten steht die Forderung nach Senkungen der weltweit hohen Agrarsubventionen. Ziel der bis Sonntag geplanten Konferenz sind keine konkreten Beschlüsse. Es geht vielmehr darum, einen Zeitplan für die 2001 in Doha (Katar) begonnene neue Konferenzserie über die freie Entwicklung des Welthandels festzulegen. Diese Beratungen sollen bis Ende 2004 abgeschlossen sein. "Unsere heutige Herausforderung ist es, ein durchschaubares Handelssystem aufzubauen", sagte Fox.

Botschaft des UN-Generalsekretärs

UN-Generalsekretär Kofi Annan, der an der Tagung in Cancún selbst nicht teilnimmt, ließ eine Botschaft verlesen, in der er ebenfalls Fortschritte anmahnte. Millionen Menschen müssten in Armut leben. "Der Schaden ist enorm, und die Opfer gehen in die Milliarden", sagte Annan. Dazu gehörten arme Bauern, die wegen Handelsbarrieren nicht mehr existieren könnten. Zwar dürfe man sich nicht gegen offene Märkte wenden. "Aber zu viele Länder blieben außen vor. Ein System, das zum Wohle aller gedacht war, scheint manchmal eher ein Null-Summen-Spiel zu sein". sagte Annan.

Die Europäische Kommission verhandelt in Cancún im Namen der EU-Staaten. Dennoch ist auch Deutschland mit vier Ministern unter Leitung von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement vertreten. Sein Staatssekretär, Alfred Tacke, sagte bei der Eröffnung der bis Sonntag geplanten Konferenz, die Weltwirtschaft brauche "ein deutliches Zeichen für Wachstum und Beschäftigung".

DPA