Zahlen, Daten, Fakten Von Bier und Geländewagen

Vorurteile und Irrtümer

Gregor Mendel, der Begründer der Vererbungslehre, wurde 1822 in Nordmähren geboren, das zum Gebiet des Deutschen Bundes zählte. Der Augustinermönch, der in Brünn, heute Brno, wirkte, ist inzwischen - ähnlich wie Franz Kafka - ein Repräsentant der nationalen Vergangenheit der Tschechen. Budweiser Beer, als "Bud" das beliebteste Bier der USA, hat mit dem Bier aus Budweis nur den Namen gemeinsam. Das Original aus dem heutigen Ceské Budejovice ist in Tschechien ähnlich beliebt wie das Pilsner Urquell aus Plzen. Auch wenn die Slowakei offiziell "Slovenská Republika" heißt, ist die Sprache nicht slowenisch. Slowakisch ist dem Tschechischen ähnlich, aber kein tschechischer Dialekt, sondern eine eigene Sprache.

Probleme

Drei Millionen Deutsche wurden 1945/46 aus Böhmen und Mähren vertrieben, ein Ereignis, dessen Beurteilung tschechischen Politikern weiterhin schwer fällt. Zwar hält die Regierung die Zwangsausweisung "aus heutiger Sicht für unannehmbar", bezeichnet sie jedoch noch immer als rechtmäßig - in erster Linie aus Furcht vor Schadensersatzklagen. Die Slowakei hat die starke ungarische Minderheit (ca. 500 000 Personen) inzwischen weitgehend integriert. Dagegen hat sich die Roma-Frage verschärft. Offiziell sind nur ein bis zwei Prozent der Bevölkerung Roma, in Wahrheit dürften es rund acht Prozent sein. Die Dunkelziffer ist hoch, da das Bekenntnis zum Volk der Roma Diskriminierung bedeutet. Die Roma leben vor allem im strukturschwachen Osten - meist in slumartigen Siedlungen. Die Erwerbslosigkeit beträgt dort an manchen Orten 100 Prozent.

Wirtschaft

In beiden Staaten ist die Automobilindustrie der bedeutendste Industriezweig - befindet sich allerdings in ausländischer Hand (VW, Peugeot und Citroën). So wird in Bratislava der VW-Geländewagen Tuareg produziert. In Tschechien spielt zudem der Fremdenverkehr eine wichtige Rolle, mit Prag und dem Bäderdreieck Karlsbad, Franzensbad und Marienbad als Hauptattraktionen.

Rekorde und Rückstände

Die Slowakei hatte im vergangenen Jahr mit 8,8 Prozent die höchste Inflationsrate aller Beitrittsländer, in Tschechien blieb der Geldwert stabil. Obwohl die Slowakei pro Kopf die meisten Autos weltweit herstellt, ist die Pkw-Dichte mit 247 Autos pro 1000 Einwohner in der Slowakei knapp halb so hoch wie in Deutschland. In Tschechien beträgt die Rate 346 Autos. Mit 158 Litern pro Jahr hielten die Tschechen 2001 den Europa-Rekord im Biertrinken, knapp vor Irland und Deutschland. Ein Slowake konsumierte 86 Liter. In Tschechien haben rund 8 von 10 Menschen ein Mobiltelefon, mehr als in jedem anderen Beitrittsland und in Deutschland.

Was am Ende übrig bleibt

Das tschechische Durchschnittseinkommen liegt bei 16 000 Kronen (ca. 500 Euro) monatlich. Davon müssen acht Prozent für Renten- und Arbeitslosenversicherung gezahlt werden, für den Rest ist Einkommensteuer fällig. Der niedrigste Steuersatz liegt bei 15 Prozent, der höchste bei 32 Prozent. Außerdem werden 13,5 Prozent für Krankenversicherung abgezogen, davon zahlt der Arbeitnehmer 4,5, der Arbeitgeber neun Prozent. In der Slowakei, wo das mittlere Einkommen etwa ein Drittel geringer ist als in Tschechien, gilt seit dem 1. Januar 2004 ein Einheitssteuersatz von 19 Prozent. Die Verbraucherpreise liegen in der Slowakei knapp 20 Prozent, in Tschechien etwa 25 Prozent unter denen in Deutschland.

Miroslav Mesko arbeitet als Kfz-Mechaniker in einer Skoda-Werkstatt im slowakischen Dubnica. Der 47-Jährige hat drei Kinder, die 16, 23 und 24 Jahre alt sind. Mit ihnen und seiner Frau lebt er in einer 70 Quadratmeter großen Eigentumswohnung. 40 Prozent seines Monatsgehalts von 12 000 slowakischen Kronen (300 Euro) braucht er, um die Hypothek zu tilgen. Mesko hat 25 Tage Urlaub im Jahr, die er bei Verwandten auf dem Land verbringt. Er ist noch nie ins Ausland gefahren.

Die 38-jährige Sportlehrerin Jana Nejedlá lebt mit ihrem Mann, ebenfalls Lehrer, in der tschechischen Stadt Benátky nad Jizerou. Mit ihrem Kind wohnen sie in einer 55-Quadratmeter-Mietwohnung, die sie sich nur leisten können, weil sie insgesamt 11 500 Kronen verdienen (350 Euro). Jana gibt nebenher Aerobic-Stunden, er arbeitet als Fußballtrainer. Die Familie besitzt einen Skoda 105, Baujahr 1987. Sie haben acht Wochen Urlaub.

Michal Denda ist Manager des Hotel Splendid in Prag. Der 54-Jährige verdient 29 000 Kronen im Monat (knapp 900 Euro). Davon können er und seine Frau sich eine Wohnung von 70 Quadratmetern leisten. Er fährt einen 93er Peugeot Diesel 309. Von den fünf Wochen Urlaub nimmt er nur ein bis zwei. Seine letzte Reise ins Ausland hat er 2001 nach Italien gemacht.

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Teja Fiedler