Klaus-Peter Flosbach, finanzpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, nennt es einen "Meilenstein im Kampf gegen die Steuerhinterziehung": Die Zeiten für Schwarzgeldkonten in der Schweiz seien endgültig vorbei. "Das Abkommen führt zu mehr Steuergerechtigkeit."
Dieser Aussage dürften wohl all diejenigen widersprechen, die Vermögen in der Schweiz hatten und sich beim deutschen Fiskus selbst anzeigten. Denn das am Mittwoch paraphierte Abkommen mit der Schweiz, das eine einmalige Strafsteuer auf undeklarierte Altvermögen vorsieht, dürfte für Steuersünder im Vergleich zur Selbstanzeige die deutlich attraktivere Variante sein.
Ist der "Ehrliche" also der Dumme? Für die Oppositionsparteien auf jeden Fall. "Die schwarz-gelbe Bundesregierung will die Steuergerechtigkeit und den ordnungsgemäßen Gesetzesvollzug den Interessen der Schweizer Banken und ihrer straffälligen deutschen Kunden opfern", sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß.
Gefunden in der
Kein automatischer Informationsaustausch
Der größte Vorteil der deutsch-schweizerischen Vereinbarung ist die Wahrung der Anonymität. Die Depotinhaber laufen nicht Gefahr, vom heimischen Finanzbeamten ab der nächsten Steuererklärung als Steuerhinterzieher besonders kritisch beäugt zu werden. Bei der Abgeltungsteuer bleibt der deutsche Fiskus komplett im Dunkeln: Die Schweizer Bank belastet dem Kunden die geschuldete Strafsteuer und überweist das Geld an die Eidgenössische Steuerverwaltung in Bern, die es nach Deutschland weitertransferiert. "Ausländische Behörden sind am ganzen Prozess nicht beteiligt", schreibt die Schweizer Bankiervereinigung.
Ein weiterer Pluspunkt: Mit der Pauschalüberweisung werde das Geld in die Legalität geführt, die betroffenen Sparer müssen nicht befürchten, dass die Schweiz wie 25 der 27 EU-Staaten auf den automatischen Informationsaustausch umsteigt.
Ganz anders sieht es im Fall der Selbstanzeige und der Steueramnestie in den Jahren 2004 und 2005 aus. Hier liegen dem Finanzamt alle unversteuerten Kapitalerträge vor. Zwar waren die Nachzahlungsbeträge ganz angenehm, dafür fielen die Folgewirkungen aber umso heftiger aus: Sachbearbeiter wurden plötzlich kritischer, ordneten eine Betriebsprüfung an oder hakten gar im Detail nach, woher das Geld stammte.
Die Wahrung der Privatsphäre der Kunden sei ein großer "Verhandlungserfolg" für die Schweizer Banken, sagte Joachim Strähle, Vorstandschef der in Basel beheimateten Privatbank Sarasin: "Ich war und bin ein starker Befürworter der Abgeltungsteuer. Sie erlaubt den betroffenen Kunden die Rückkehr in die Legalität bei gleichzeitiger Wahrung ihrer finanziellen Privatsphäre."

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Die Sache mit der Selbstanzeige
Die Abgeltungsteuer dürfte im Vergleich mit einer Selbstanzeige günstiger sein. Bern und Berlin vereinbarten einen Strafsatz von 19 bis 34 Prozent auf den Bestand des Altvermögens. Effektiv rechnen die Schweizer Banken mit einer Belastung von 20 bis 25 Prozent. Das Niveau der deutschen Abgeltungsteuer, addiert man die Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag, liegt bei 29 Prozent der Erträge. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass die Sünden zumeist für Jahre erfasst werden, in denen noch die reguläre Einkommensteuer von bis zu 45 Prozent galt.
Anleger mit Schwarzgeld in der Schweiz, die sich selbst anzeigten, mussten Einkommensteuer auf die Zinsen, Dividenden und Spekulationsgewinne bezahlen. Wenn der Anleger Kapitaleinnahmen verheimlicht hatte, ergaben sich meist happige Summen. Hierauf wurden nachträglich Einkommen- und Kirchensteuer fällig. Zusätzlich fällig wurden der Solidaritätszuschlag und Hinterziehungszinsen. Der Zinssatz beträgt ein halbes Prozent pro Monat und somit sechs Prozent pro Jahr.
Überweisung nach Macao
Anleger mit Schwarzgeld in der Schweiz, die sich selbst anzeigten, mussten Einkommensteuer auf die Zinsen, Dividenden und Spekulationsgewinne bezahlen. Wenn der Anleger Kapitaleinnahmen verheimlicht hatte, ergaben sich meist happige Summen. Hierauf wurden nachträglich Einkommen- und Kirchensteuer fällig. Zusätzlich fällig wurden der Solidaritätszuschlag und Hinterziehungszinsen. Der Zinssatz beträgt ein halbes Prozent pro Monat und somit sechs Prozent pro Jahr.
Das kann schnell teuer werden: Wer den zehnjährigen Nachzahlungszeitraum ausschöpft, kann am Ende mit Zinsschulden von 60 Prozent dastehen. Da Steuersünder ihre Vergehen meist über viele Jahre hinweg fortsetzen, addiert sich der Zinsbetrag entsprechend. Im Extremfall müssen beispielsweise Erben für die Steuerhinterziehung des Verstorbenen den gesamten Nachlass aufwenden.
Werden die Deutschen mit undeklarierten Geldern in der Schweiz die "Brücke" Abgeltungsteuer nutzen? Es gibt jedenfalls Fluchtwege, wie die Vergangenheit zeigt. Bei der Überprüfung der Zinsrichtlinie - hier überweist die Eidgenossenschaft Quellensteuer ans Ausland - stellte die EU-Kommission fest, dass die Schweizer Banken das Kapitalvermögen gerne in Stiftungen, Trusts oder Lebensversicherungen hüllten, um Steuerzahlungen zu vermeiden. Ebenfalls beliebt waren Überweisungen nach Hongkong, Singapur oder Macao. Die Bankiervereinigung gelobt Besserung: "Will der Kunde auf die vorteilhafte Lösung der Abgeltungsteuer verzichten, muss er sein Vermögen bis zum 31. Mai 2013 aus der Schweiz abziehen. Die Schweizer Banken werden ihn dabei nicht unterstützen."