Abstimmung verschoben Das europaweite Verbrenner-Aus verzögert sich – das dürfte nicht zuletzt an Deutschland liegen

Ein Pkw mit doppeltem Auspuff steht auf einem Parkplatz
Dass Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 keine Zulassung mehr bekommen sollen, galt in der EU eigentlich als abgemacht (Symbolbild)
© Oliver Berg / DPA
Es sollte nur noch eine Formalie sein, nun wird die finale Abstimmung über das europaweite Verbrenner-Aus ab 2035 verschoben. Das dürfte im Wesentlichen an Forderungen aus Deutschland liegen.

Es schien beschlossene Sache zu sein, doch kurz vor knapp steht das europaweite Verbrenner-Aus ab 2035, nun ja, vor dem Aus. Jedenfalls in seiner jetzigen Form.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist wenige Tage vor der finalen Abstimmung im Ministerrat, eigentlich reine Formsache, abrupt auf die Bremse getreten: Er fordert eine Zulassung von Verbrennungsmotoren in Neuwagen über 2035 hinaus, wenn diese nachweislich mit synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, betankt werden. Das will auch FDP-Chef Christian Lindner. Mache Brüssel keinen entsprechenden Vorschlag, verlangen die Liberalen, werde Deutschland nicht zustimmen können. 

Der angekündigte Widerstand hat offensichtlich Folgen: Die endgültige Abstimmung, die für kommenden Dienstag am Rande eines Treffens der EU-Bildungsminister geplant war, ist nun verschoben worden, wie ein Sprecher des zuständigen schwedischen Ratsvorsitzes am Freitag mitteilte. Nun dürfte hinter den Kulissen um eine Lösung in der verfahrenen Situation gerungen werden. 

Nähere Details zu der Terminverschiebung wurden zunächst nicht bekannt, allerdings legt der Vorgang nahe, welches Gewicht der deutschen Haltung in dieser Frage beigemessen wird. Diese könnte tatsächlich ausschlaggebend dafür sein, ob das Vorhaben glückt oder nicht – wenngleich die Bundesrepublik kein Veto einlegen könnte, wie zuletzt der Eindruck entstanden ist.

Deutschland bremst beim Verbrenner-Aus

Das Einstimmigkeitsprinzip in der Europäischen Union gilt in wenigen Fällen, bei der Abstimmung über das Verbrenner-Aus reicht eine qualifizierte Mehrheit: Stimmen 15 von 27 Mitgliedsstaaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung ausmachen, für das Gesetz, gilt es als angenommen. Kommt diese Mehrheit nicht zustande, müsste neu verhandelt werden. 

Ein Szenario, das mit Wissings Vorstoß wahrscheinlicher wurde. Zwar hätte der Verkehrsminister das Vorhaben nicht im Alleingang stoppen, aber eine Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung herbeiführen können: Kann sich die Koalition auf keine gemeinsame Position einigen, dann enthält sich Deutschland. So sieht es die Geschäftsordnung der Bundesregierung vor. 

Eine Enthaltung Deutschlands hätte möglicherweise einen Dominoeffekt zur Folge gehabt. Die als Wackelkandidaten geltenden Länder Polen und Bulgarien wären in diesem Fall vermutlich umgekippt, Italien hat bereits angekündigt, dagegen zu stimmen. Damit wäre die notwendige Mehrheit nicht zustande gekommen und der Vorschlag abgelehnt gewesen.

Dabei galt das geplante Verbrenner-Aus eigentlich als ausgemachte Sache. Bereits im Oktober vergangenen Jahres hatten sich das EU-Parlament und alle Mitgliedsstaaten (inklusive Deutschland) darauf verständigt, ab 2035 nur noch Fahrzeuge neu zuzulassen, die kein Kohlendioxid (CO2) ausstoßen – neue Verbrenner-Autos wären damit Geschichte.  

Jedoch hatte sich die Bundesregierung – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – für E-Fuels als Ausnahme starkgemacht, stand damit in Europa aber weitgehend alleine da. Letztlich enthielt die getroffene Einigung einen Prüfauftrag der EU-Kommission, wonach ergebnisoffen untersucht werden soll, ob Fahrzeuge mit E-Fuel-fähigem Verbrennungsmotor zukünftig doch noch zugelassen werden könnten.

Lindner und Wissing werfen der Kommission vor, sich nicht ernsthaft um eine Ausnahme zu bemühen. Folglich könne Deutschland den EU-Plänen unter diesen Umständen nicht endgültig zustimmen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis90/Die Grünen) mahnte hingegen, die Bundesregierung müsse sich an getroffene Zusagen halten. Auch die SPD zeigte sich angesichts der Blockadehaltung verstimmt. Offenbar gibt es nicht nur in Brüssel noch Gesprächsbedarf.