Im reichen Deutschland Millionen Kinder und Jugendliche sind zu arm für Urlaub

Erholt und entspannt kehren derzeit zahlreiche Familien aus dem Urlaub zurück - doch für viele sind Reisen unbezahlbar. Im reichen Deutschland können Millionen Kinder und Jugendliche von einer Fahrt in die Ferien nur träumen.

Während ihre Klassenkameraden oder Freunde bei einer Urlausbreise Spaß haben und sich erholen, müssen Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland die Ferien zu Hause verbringen, weil ihre Familien zu arm sind, um wegzufahren. Nach den jüngsten offiziellen Zahlen lebten 2014 mehr als 3,4 Millionen Kinder und Jugendliche in einem Haushalt, der sich keine einwöchige Urlaubsreise leisten kann. Das waren 23,8 Prozent aller unter 18-Jährigen in Deutschland.

Die Daten des Europäischen Statistikamtes Eurostat stammen aus einer Erhebung zu verschiedenen finanziellen Mangelerscheinungen. Insgesamt lebten demnach im Jahr 2014 16,7 Millionen Menschen in Deutschland in Haushalten, die zu arm für Urlaubsreisen sind. 5,5 Millionen und damit 38 Prozent aller unter 18-Jährigen lebten in einem Haushalt, der Schwierigkeiten hatte, unerwartete Ausgaben von mehreren hundert Euro aus eigenen Mitteln zu bestreiten und 1,2 Millionen in Haushalten mit Problemen, die Miete oder Rechnungen für Versorgungsleistungen rechtzeitig zu begleichen.

"Beschämend für eines der reichsten Länder der Erde"

Die nach Alter aufgeschlüsselten Daten hatte die Fraktionsvizevorsitzende der Linken, Sabine Zimmermann, bei Eurostat erfragt. "Kinder und Jugendliche bekommen häufig zu spüren, was Armut bedeutet", sagte Zimmermann. "Besonders in der Ferienzeit ist es natürlich bitter, wenn sie gerne verreisen würden, es aber nicht geht."

Insgesamt sind laut Eurostat 5 Prozent der Minderjährigen in Deutschland von deutlicher materieller Entbehrung betroffen. Der Wert schwankte in den vergangenen knapp zehn Jahren zwischen 4,8 und 7,1 Prozent. 

"Für eines der reichsten Länder der Erde ist es beschämend, dass Kinder und Jugendliche überdurchschnittlich von finanziellen Problemen und Einschränkungen betroffen sind", sagte Zimmermann. "Statt unbeschwert aufwachsen zu können, lernen sie Entbehrungen kennen."

Am meisten Minderjährige waren anteilsmäßig in Bulgarien von solchen Entbehrungen betroffen, mit 38,4 Prozent im Jahr 2014. Am wenigsten waren es in Schweden mit 1,1 Prozent.

Zimmermann fordert Konzept gegen Kinderarmut

In Deutschland können sich zudem mehr als 6 Millionen Menschen nicht regelmäßig fleisch- oder eiweißhaltige Mahlzeiten leisten, davon sind fast 900.000 Kinder und Jugendliche betroffen. Knapp 4 Millionen Menschen haben nicht genug Geld für eine angemessen geheizte Wohnung, davon knapp 800.000 Kinder und Jugendliche. 

Von der Bundesregierung forderte Zimmermann ein Konzept gegen Kinder- und Jugendarmut.

DPA
mad/Basil Wegener