Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert von der Bundesregierung eine jährliche Überprüfung, ob die für die Energiewende gesteckten Ziele auch erreicht werden. "Es wäre gefährlich, einen starren Fahrplan zu beschließen, der keine Kontrollmechanismen enthält", warnte der Vorsitzende des BDI-Ausschusses für Energie- und Klimapolitik, Christopher Grünewald, am Dienstag in Berlin. Dies solle aber nicht bedeuten, dass der Verband den Atomausstieg durch eine Art Hintertür wieder rückgängig machen wolle. Vielmehr solle das Monitoring garantieren, dass Versorgungslücken rechtzeitig erkannt und Netzschwankungen möglichst vermieden würden.
Der Industrieverband kritisierte das Tempo, mit dem die Koalition ihre Gesetze zur Energiewende vorantreibe, und warnte vor handwerklichen Fehlern. "Gute Gesetzgebung braucht Sorgfalt", mahnte Grünewald. So seien die Fristen für eine Stellungnahme der Verbände zu den verschiedenen Gesetzentwürfen viel zu kurz gewesen. "Wir haben ein echtes Problem mit dem Zeitdruck." Auch deshalb fordere der BDI eine jährliche Überprüfung, wie sich die Energiewende auf die Energiekosten und die Netzstabilität auswirke, um notfalls nachsteuern zu können.
33 Millarden Euro Mehrkosten laut BDI
Die Mehrkosten für einen schnelleren Ausstieg aus der Atomenergie bis beispielsweise 2020 bezifferte der BDI auf etwa 33 Milliarden Euro. Um die Belastungen durch steigende Strompreise für Unternehmen abzufedern, forderte der Verband eine Obergrenze bei der Ökostrom-Zulage von zwei Cent pro Kilowattstunde im produzierenden Gewerbe. Derzeit beträgt die Umlage 3,5 Cent. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace warf dem BDI Panikmache bei den Strompreisen vor. Die deutsche Wirtschaft werde von der Energiewende aufgrund der höheren Investitionen profitieren.
SPD mahnt Lösung für Endlagerfrage an
Die SPD mahnte ihrerseits mit Blick auf die geplanten Beschlüsse der Regierung klare Rahmenbedingungen für Investitionen an. Zudem müsse der Ausstieg unumkehrbar sein und auch die Endlagerfrage im Rahmen eines neuen Energiekonsenses besprochen werden, verlangte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil am Montagabend im Sender Phoenix. Dabei sei die SPD bereit, auch über eine weitere Erkundung des Standorts Gorleben zu sprechen. Voraussetzung sei jedoch, dass "wir gleichzeitig in ganz Deutschland gucken, ob es nicht auch Alternativen gibt".
SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann machte eine bundesweite Standortsuche für ein Atommüllendlager, "auch in Bayern", zur Bedingung für die Zustimmung der SPD zu einem Energiekonsens. Er warf der Union in der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" vom Dienstag vor, in diesem Punkt bislang "Politik nach dem Sankt-Florians-Prinzip" zu machen.

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Ethik-Kommission tagt zum letzten Mal
Das Bundeskabinett will am 6. Juni den beschleunigten Atomausstieg beschließen und dafür mehrere Gesetzesänderungen auf den Weg bringen. An diesem Samstag tagt die Ethik-Kommission zur Energiewende zum letzten Mal, sie übergibt ihre Empfehlungen am Montag an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die CSU strebt das Jahr 2022 als Enddatum für den vollständigen Atomausstieg an. CDU und FDP legten sich bislang noch nicht auf eine Jahreszahl fest.