Ausschlussverfahren Die Mühlen der Parteigerichte mahlen langsam

Während die Entfernung des Abgeordneten Martin Hohmann aus der Unionsfraktion nur noch Formsache war, gestaltet sich sein Ausschluss aus der Partei weniger einfach. Wenn er sich wehrt, kann das Verfahren viele Monate dauern.

Als die Unionsabgeordneten den Antrag Angela Merkels in Händen hielten, den Kollegen Martin Hohmann vor die Tür zu setzen, war die Entfernung des Osthessen aus der Fraktion nur noch Formsache: Nach der abschließenden Abstimmung am Freitag wird Hohmann als Fraktionsloser isoliert und wohl ganz hinten im Bundestag sitzen. Weniger einfach ist sein Ausschluss aus der Partei. Wenn Hohmann sich wehrt, kann das Verfahren viele Monate dauern.

Am Montag hatten Fraktionsvize Wolfgang Bosbach und Parlamentsgeschäftsführer Volker Kauder den Verstockten noch einmal ins Gebet genommen und eindringlich ersucht, seiner Gleichstellung von Deutschen und Juden als potenzielle Tätervölker abzuschwören. Sie bekamen einen Korb und mussten sich obendrein die Bemerkung Hohmanns gefallen lassen, es gehe "in der Politik ohnehin nur um Taktik".

"Vertrauensverhältnis zerstört"

"Dadurch ist das Vertrauensverhältnis zwischen der Fraktion und dem Abgeordneten Hohmann zerstört worden", heißt es vernichtend im Antrag Merkels. Politische Beobachter sind sicher, dass die von der Satzung geforderte Zwei-Drittel-Mehrheit der Fraktionsmitglieder dem Ausschluss Hohmanns zustimmen wird.

Weit Zeit raubender dürfte sich die Entfernung des Mannes aus der CDU erweisen. Denn das Parteistatut schreibt ein bis in die Details festgelegtes, langwieriges Verfahren vor, das schon bei den Zuständigkeiten klare Anweisungen enthält. Gefordert sind jetzt die hessischen Christdemokraten, deren Landesverband Hohmann angehört. Ministerpräsident und Landesparteichef Roland Koch will nach Angaben von Parteisprecher Michael Brand nach der Abstimmung in der Bundestagsfraktion dem CDU-Landesvorstand noch am Freitag empfehlen, ein Parteiausschlussverfahren einzuleiten.

"Das kann ewig dauern"

Folgt der Landesvorstand der Empfehlung Kochs, tritt das Landesparteigericht auf den Plan, denn nur dieses darf über den Ausschluss von Mitgliedern des Bundestages entscheiden. Das Landesparteigericht, dem im übrigen mindestens zwei ordentliche Richter angehören müssen, beginnt dann nach genau festgelegten Fristen die Anhörung der Betroffenen, zieht Erkundigungen ein, vernimmt Verfahrensbevollmächtigte und Zeugen und setzt schließlich eine mündliche Verhandlung an - ganz wie in der wirklichen Justiz. "Das kann ewig dauern", sagt Brand.

Und das Verfahren wird sich noch länger hinziehen, wenn Hohmann sich mit einem Parteiausschluss nicht abfinden mag. "Gegen Beschlüsse der Landesparteigerichte in erster Instanz können die Beteiligten Beschwerde beim Bundesparteigericht einlegen", heißt es in der Parteigerichtsordnung der CDU. Auch in zweiter Instanz ist ein Schnellverfahren ausgeschlossen: "Das Beschwerdegericht prüft den Streitfall im gleichen Umfang wie das Parteigericht erster Instanz."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Mantel des Schweigens

Im Gegensatz zur SPD, die Abweichler schon häufiger aus der Partei gekickt - und später nicht selten wieder aufgenommen - hat, geschieht dies bei der CDU höchst selten. Hohmann wird nach Parteiangaben der erste und einzige Abgeordnete seit 1949 sein, den die Unionsfraktion in die Wüste schickt. Ansonsten wird schon aus Gründen des internen Zwangs zur Geschlossenheit von allen Parteien ein Mantel des Schweigens über den Umgang mit Abtrünnigen gebreitet.

Anselm Bengeser

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