Natürlich bin ich aufgeregt, so was ist doch eine Premiere", gab Fraktionschefin Renate Künast freimütig zu, als sich die Grünen zum Auftakt ihrer Kandidatenkür am Freitag in Hannover trafen. Und Parteichefin Claudia Roth gestand, ihre Rede noch auf der Anreise geübt zu haben - zur Begeisterung der anderen Zuggäste. "Ich habe sie auf die bei der Vorstellung vorgeschriebenen drei Minuten gekürzt", berichtete sie TV-Reportern, bevor sie dann auf der Bühne gegen Rüstungsexporte wettert.
Mit Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt waren Roth und Künast unter den anwesenden 10 Bewerbern gegenüber den Männern in der Minderheit - dabei soll die Doppelspitze mindestens mit einem weiblichen Kandidaten besetzt werden. Die bekennende "Ossi" Göring-Eckardt wirbt für einen neuen Aufbruch - und vergleicht das Verfahren der Urwahl mit einem Speed-Dating, bei dem in aller Kürze Kandidaten um Sympathien werben.
Den Auftakt des Schaulaufens machte der Kandidat Werner Winkler aus Waiblingen - er war per Los zum ersten Redner des Abends erklärt worden. Mit exakt 2:59 Minuten blieb der bisher eher unbekannte Kandidat vorbildlich in der Zeit. "Das erste Ziel meiner Bewerbung war es, die Urwahl anzustoßen", sagte er und setzte fast schon trotzig nach: "Als Ehrenamtlicher sage ich: Wir lassen euch Profi-Politiker nicht allein!"
Parteibasis wundert sich über Außenseiter
Fragen werden zum Wirtschaftswachstum gestellt, zu möglichen Koalitionen, zum Kurs der EU, aber auch zu Positionen beim Thema Beschneidung von Kindern bei muslimischen oder jüdischen Religionsriten. Eine gute Stunde hatte die Basis in Hannover Zeit, sich eine Meinung zu bilden. In den nächsten Wochen werden sich die insgesamt 15 Bewerber bundesweit bei weiteren Veranstaltungen den Fragen der Mitglieder stellen - rund 60 000 sind es, die das Spitzen-Duo der Grünen für die Bundestagswahl 2013 per Urwahl bestimmen sollen.
Chancen räumt zumindest Bundestags-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck nur den vier Promis unter den Bewerbern ein - neben den drei Frauen ist es Fraktionschef Jürgen Trittin. Die wenig bekannten unter den 15 Bewerber sollten ihre Kandidatur noch mal kritisch überdenken, meinte er im Radiosender NDR Info. "Zum Spitzenkandidaten gehört eine gewisse Qualität, da gehört Bekanntheit, da gehört Erfahrung und da gehört natürlich auch mediale Überzeugungskraft dazu". Die Parteibasis sei über die Außenseiter verwundert, meinte er. Sie soll sich nun eine eigene Meinung bilden. Bis zum 9. November soll feststehen, wer das Spitzen-Duo der Grünen im Wahlkampf wird.