BND im Irak "Entscheidend ist, was sie taten"

Hat der BND die US-Streitkräfte während des Irak-Kriegs bei der Suche nach Zielen unterstützt oder nicht? Im stern.de-Interview skizziert SPD-Außenpolitiker Weisskirchen die politische Tragweite möglicher Antworten.

Halten Sie es für ein Problem, dass während des Irak-Krieges BND-Beamte in Bagdad im Einsatz waren?

Wenn es so ist, dass sie sich strikt an die Weisungen der politischen Leitung gehalten haben, dass sie keine Targets (deutsch: Ziele, Red.) genannt haben - und auch keine Non-Targets (deutsch: schützenswerte Objekte, Red.) - dann glaube ich, dass man diesen Einsatz hinnehmen kann.

Zur Person

Gert Weisskirchen, 61, ist außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag. Der Professor für Sozialpädagogik vertritt seit 1976 den baden-württembergischen Wahlkreis Rhein-Neckar.

Ist der Einsatz nicht ein Anzeichen für eine heuchlerische Haltung der rot-grünen Regierung, die einerseits sagt, Deutschland beteilige sich nicht an diesem Krieg, andererseits aber BND-Mitarbeiter hinschickt, die den US-Geheimdiensten zuliefern?

Es kommt wirklich darauf an, was die Beamten konkret getan haben. Wenn das den Vorwurf der Heuchelei bestätigen würde, dann müsste dies eindeutige und klare Konsequenzen nach sich ziehen.

Wie bewerten Sie die Position von Außenminister Steinmeier? Er hat am Donnerstag zunächst gesagt, er habe von den BND-Einsätzen in Bagdad nichts gewusst. Dann hat er nachgeschoben, er sei über die Arbeit der Agenten informiert gewesen. Wie erklären sie sich diese irritierenden Aussagen?

Ich kann mir das nur so erklären, dass er bei genauer Prüfung der Aktenlage zu der Überzeugung gekommen ist, dass BND-Beauftragte im Irak gewesen sind. Aber, um es noch einmal klar zu sagen: Es kommt darauf an, was die Beamten im Irak genau getan haben. Haben sie sich strikt an die Weisungen gehalten, an den politischen Willen des Außenministers und des Bundeskanzlers? Oder haben sie möglicherweise entgegen diesem politischen Willen anderes getan?

Der Fall al-Masri, über den der damalige Innenminister Schily offenbar früh wußte aber lange schwieg, die Verhöre von in Syrien und auf Guantanamo inhaftierten Bundesbürgern durch deutsche Beamte - in den vergangenen Wochen hatte man das Gefühl, die rot-grüne Regierung hat sich viel öfter in rechtsstaatlichen Grauzonen bewegt als bisher bekannt. Sind das Indizien dafür, dass die Bundesregierung sich nicht an die von ihr selbst propagierten Prinzipien gehalten hat?

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Um es ganz klar zu sagen: Grauzonen darf es nicht geben. Es gibt internationale Verpflichtungen, und es gibt den rechtlichen Rahmen der Bundesrepublik selbst. Es darf nicht zugelassen werden, dass irgendwer - schon gar nicht im staatlichen Auftrag - diese Grenzen überschreitet. Wenn das der Fall gewesen sein sollte, dann müssen ganz eindeutige politische - und möglicherweise auch rechtliche - Konsequenzen gezogen werden.

Auch personelle Konsequenzen?

Das schließt beides ein.

Interview: Florian Güßgen