Die Kritik an Teilnahme von Hans Filbinger an der Präsidenten-Wahl wird schärfer. SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter empfindet die Aufstellung des wegen seiner NS-Vergangenheit umstrittenen CDU- Politikers als Wahlmann zur Bundesversammlung als "Geschmacklosigkeit". "Das wird aber wohl nicht mehr zu ändern sein", sagte Benneter am Freitag im ARD-"Morgenmagazin". CDU-Chefin Angela Merkel sei wieder in der gleichen Linie, "wie sie damals auch ’rumgeeiert ist, als es um ihren Fraktionskollegen aus dem Bundestag Hohmann ging".
Hohmanns Rede zum Tag der deutschen Einheit wurde scharf kritisiert. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main hatte am Freitag vergangener Woche Ermittlungen gegen ihn abgelehnt.
Simon Wiesenthal Center fordert Abberufung
Auch das Simon Wiesenthal Center schloss sich der Kritik an Filbinger an und forderte die Abberufung als Unions-Wahlmann. "Seine Beteiligung an der Präsidentenwahl würde ein falsches Zeichen zur falschen Zeit setzen. Sie wäre ein Schandfleck der deutschen Demokratiegeschichte", kritisierte die jüdische Menschenrechtsorganisation am Freitag. "Was für ein Signal wird damit nach Deutschland und in die Welt gesandt, wenn ein Mann, der seine Todesurteile gegen Deserteure in der NS-Zeit noch heute rechtfertigt ... geehrt wird."
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, sagte: "Ich kann nicht nachvollziehen, warum die baden-württembergische CDU Herrn Filbinger überhaupt aufgestellt hat. Es gibt bestimmt Verdienstvollere, die nicht eine solche Vergangenheit haben." Spiegel ist selbst CDU-Wahlmann.
Filbinger war 1978 nach der Aufdeckung seiner Vergangenheit als Marinerichter in der NS-Zeit als Ministerpräsident zurückgetreten. Er war noch kurz vor Ende des Krieges mit verantwortlich für Todesurteile von Deserteuren der Wehrmacht.
CDU will an Filbinger festhalten
Bereits gestern hatte ein breites Bündnis aus SPD, Grünen, PDS, Künstlern sowie Nazi-Verfolgten in scharfer Form die Entsendung des früheren NS-Richters in die Bundesversammlung kritisiert. Sie appellierten an die CDU, diesen "peinlichen Missgriff" zu korrigieren.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
Die Christdemokraten halten trotz der Proteste an Filbinger fest. "Er ist ein verdienter Mann und wird nicht als Mitglied der Bundesversammlung zurückgezogen", erklärte der Stuttgarter CDU-Fraktionschef Günther Oettinger. Er nannte die Debatte "scheinheilig". Schließlich hätten alle Landtagsfraktionen die Parteilisten für die Mitglieder der Bundesversammlung einschließlich Filbinger bestätigt, sagte er. Die Vorwürfe enthielten nichts Neues. Filbinger habe schon an früheren Wahlen des Bundespräsidenten mitgewirkt.