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Sechs statt drei Monate "Ungleichbehandlung" und "Unverschämtheit": Kritik an Sonderregel für Genesene im Bundestag weitet sich aus

Abgeordnete stimmen im Plenum des Deutschen Bundestages ab
Für Abgeordnete im Bundestag gilt noch eine Ausnahme beim Genesenenstatus. Das ruft Kritik hervor, auch bei den Parlamentariern selbst.
© Christoph Soeder / DPA
Während in der Bevölkerung der Genesenenstatus nach einer Corona-Infektion auf drei Monate verkürzt wurde, gilt im Bundestag eine Ausnahme: Die Abgeordneten gelten noch sechs Monate als genesen. Das ruft scharfe Kritik hervor.

Sechs statt drei Monate: Rechtsexperten und Politiker kritisieren die Ausnahme für Bundestagsabgeordnete bei der allgemein verschärften Genesenen-Regelung. Der Verfassungsrechtsexperte Christian Hillgruber von der Universität Bonn sagte der "Bild" (Mittwochsausgabe), dass es für die "Ungleichbehandlung" von Bürgern und Politikern keinerlei Rechtfertigung gebe: "Entweder die Verkürzung des Genesenen-Status ist aus fachlich-gesundheitlicher Sicht geboten oder nicht, Abgeordnetenstatus hin oder her."

Die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus sagte der Zeitung: "Sonderregelungen im Bundestag darf es nicht geben." Sie forderte eine Änderung der zugrunde liegenden Allgemeinverfügung – möglichst noch in den nächsten Tagen.

AfD kritisiert "Extrawurst für Abgeordnete" im Bundestag

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte "Bild": "Den Genesenen-Status fachlich fragwürdig auf drei Monate zu verkürzen, aber für den Bundestag bei sechs Monaten zu belassen, ist eine Unverschämtheit."

Zuvor hatte bereits die AfD die Entscheidung des Bundestags kritisiert, dass der Genesenenstatus im Parlament weiterhin für sechs Monate gelten soll – und nicht nur drei Monate wie vom Robert Koch-Institut kürzlich festgelegt. Von einer "Extrawurst für Abgeordnete" sprach in Berlin der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner. Er kritisierte auch generell die Verkürzung der Gültigkeit des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate durch das Robert-Koch-Institut (RKI).

Ein Bundestagssprecher begründete dies auf Anfrage damit, dass die bereits vor der Änderung durch das RKI für das Parlament erlassene Allgemeinverfügung weiterhin gültig sei, und zwar nach jetzigem Stand bis Ende Februar. Allerdings werde auch vorher fortlaufend analysiert, "ob Änderungen der Allgemeinverfügung angesagt sind".

Kritik an Verkürzung des Genesenenstatus

Diese bezieht sich allerdings nur auf die Zutrittsrechte zu Plenum und Ausschüssen. Für andere Tätigkeiten in den Bundestagsliegenschaften gilt dagegen dem Sprecher zufolge die normale Arbeitsschutzverordnung und damit eine Gültigkeit des Genesenenstatus für drei Monate. Für Besucherinnen und Besucher der Bundestagsgebäude gilt ohnehin die 3G-Regel.

Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) sprach sich im Magazin "Spiegel" dafür aus, für die Abgeordneten im Parlament an den sechs Monaten festzuhalten. Allerdings wandte sich Kubicki grundsätzlich gegen die Verkürzung des Genesenenstatus durch das RKI, die nach seinen Worten "bisher noch nicht hinreichend wissenschaftlich begründet wurde".

Die Entscheidung des RKI ist ansonsten vor allem deswegen umstritten, weil sie sehr kurzfristig bekannt gegeben wurde. Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder verständigten sich am Montag bei ihren Beratungen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) darauf, bei solchen Änderungen künftig einen etwas längeren Vorlauf zu berücksichtigen, um keine Verunsicherung zu erzeugen. Das RKI hat die Verkürzung damit begründet, dass insbesondere bei der aktuellen Omikron-Variante Genesene nur einen kürzeren Schutz vor einer erneuten Corona-Infektion haben.

rw AFP

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