BUNDESWEHR Der Tod wird einkalkuliert

Trotz der vier toten Soldaten bei Unfällen in Kabul und auf der Ostsee gibt es kaum Zweifel an der Notwendigkeit von Friedens- und Kampfeinsätzen im Ausland. Tote und Verwundete sind kalkuliertes Risiko.

So groß der Schock ist - der Tod wird einkalkuliert. Auch nach dem schwarzen Tag der Bundeswehr mit vier toten Soldaten bei Unfällen in Kabul und auf der Ostsee gibt es in der Politik kaum Zweifel an der Notwendigkeit von Friedens- und Kampfeinsätzen im Ausland. Ob Übung oder Ernstfall - dass der Beruf des Soldaten lebensgefährlich ist, bleibt Tatsache. Nur die PDS lehnt das Bundestagsmandat für Afghanistan ab.

Auswirkungen auf die Motivation

Die vier Opfer könnten aber gerade im Lichte der aktuellen, hoch gefährlichen Auslandseinsätze die Stimmung in der Bevölkerung und in der Truppe beeinträchtigen. Der oberste Soldat der Bundeswehr, Generalinspekteur Harald Kujat, sagte umgehend, das Unglück bei der Raketenentschärfung in Kabul werde Auswirkungen auf die Motivation der Kameraden vor Ort haben. Doch er verlangt Haltung.

Traumatisch

Im friedlichen Deutschland dürfte die Ankunft der Särge vielen Menschen die Risiken für ihre Soldaten in fernen Kriegsgebieten wieder bitter vor Augen führen. Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) selbst sieht in »entsetzlicher Weise« die Gefahren eines jeden militärischen Einsatzes bestätigt. Und er ist ein Verteidigungsminister, der seine Bestürzung über solche Schreckensnachrichten offen zeigt. Die Verwundungen der Soldaten beschreibt er so: traumatische Erscheinungen und schwere Splitterverletzungen.

Kritik an Informationspolitik

Die Opposition kritisiert seit Wochen, die Bundesregierung schaffe in der Bevölkerung mit ihrer Informationspolitik kein Vertrauen. Dabei ging es allerdings nicht um die Beteiligung deutscher Soldaten an der internationalen Schutztruppe in Kabul (ISAF), sondern um Einsätze der Anti-Terror-Koalition. Es wurde beklagt, dass die Beteiligung deutscher Soldaten an der US-Offensive im Osten Afghanistans von den Vereinigten Staaten und nicht von Deutschland vermeldet wurde. Ferner, dass die Hintergründe der Stationierung von ABC-Abwehrkräfte in Kuwait ungenügend erklärt würden.Das schaffe Misstrauen. Union und FDP mahnten früh, es könne bei den Bundeswehreinsätzen »Rückschläge« geben und dann brauchten die Volksvertreter, die die Soldaten in die Kriegsgebiete schicken, den Rückhalt im Volk. Dabei mögen sie zuerst an die Gefahren durch Terroristen und erst dann an ein Unglück wie jetzt gedacht haben, als Deutsche und Dänen mit der Vernichtung von jahrelang herumliegenden Waffen den Afghanen eine sicherere Zukunft ermöglichen wollten.

Umgehender Bericht

Über die Toten in Kabul berichtete die Bundeswehr sofort. Sie stellte sich der Öffentlichkeit umgehend und noch nicht ahnend, dass sie wenige Stunden später zwei weitere Tote beklagen würde. Bei einem NATO-Manöver kenterte ein Boot, zwei deutsche Soldaten starben an Unterkühlung. Über Umstände, Ursachen, mögliche Fehler gibt es noch keine Klarheit. Untersuchungen wurden angeordnet.

Erst ein Toter durch Angriffe

Gegen Unglück kann sich keine Armee wehren. Und wenn man von Glück reden kann, hatten es die deutschen Streitkräfte bisher sogar gehabt. Neben Unfalltoten starb seit Bestehen der Bundeswehr erst ein Soldat durch einen Angriff: ein Oberstabsarzt in einem UN-Hubschrauber, der im vorigen November über Georgien abgeschossen wurde.

Kein Zurück

Manöver, Friedens- und Kampfeinsätze gehen weiter. Ein Weg zurück erscheint unwahrscheinlich, auch wenn deutsche Soldaten im Gefecht sterben sollten. Selbst die Grünen-Politikerin Angelika Beer meint, Todesfolge sei nicht auszuschließen. Das sei aber kein Grund, die Arbeit in gefährdeten Gebieten nicht fortzusetzen.